Vakzine mit neuen Ergebnissen zur Sicherheit und Effektivität
BioNTech – höhere Immunantwort als beim Virus
Original Titel:
Phase I/II study of COVID-19 RNA vaccine BNT162b1 in adults Sicherheit, Verträglichkeit und Immunogenität aus laufender Dosis-Eskalationsstudie
Vorübergehende, meist mild bis moderate lokale und systemische Impf-Reaktionen.Mit Vakzin um Faktor 1,9–4,6 höherer Antikörpertiter als nach SARS-CoV-2-Infektion
Zum Mainzer Impfstoff BNT162b1 gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 wurden inzwischen verschiedene Studiendaten veröffentlicht. Daten aus einer noch laufenden Placebo-kontrollierten Studie mit Beobachter-Verblindung wurden nun mit Blick auf Sicherheit, Verträglichkeit und Immunogenität analysiert. Vorübergehende lokale und systemische Reaktionen traten Dosis-abhängig auf und waren generell mild bis moderat. Nach der Impfung wurden um Faktor 1,9–4,6 mehr IgG-Antikörper gegen das Spike-Protein des neuen Coronavirus erreicht als im Konvaleszenten-Serum von 38 genesenen COVID-19-Patienten gemessen wurde.
Im Kampf gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 hat die Impfstoffentwicklung nun eine neue Phase erreicht, in der Vakzine nach und nach nötige Hürden zur Zulassung auch bei uns nehmen. Wesentlich dabei sind sowohl Daten zur Sicherheit der Impfstoffe als auch zu ihrer Effektivität, dem Immunsystem zu helfen, das Virus zu neutralisieren.
Zum Mainzer Impfstoff BNT162b1 wurden inzwischen verschiedene Studiendaten veröffentlicht. BNT162b1 besteht aus einem mit Nanopartikeln modifizierten mRNA-Abschnitt, der die Rezeptorbinde-Domäne des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 enkodiert. Daten aus einer noch laufenden Placebo-kontrollierten Studie mit Beobachter-Verblindung wurden nun mit Blick auf Sicherheit, Verträglichkeit und Immunogenität analysiert.
Sicherheit, Verträglichkeit und Immunogenität aus laufender Dosis-Eskalationsstudie
In dieser Dosis-Eskalationsstudie wurden zwischen 4. Mai und 19. Juni 2020 45 gesunde Erwachsene zwischen 18 und 55 Jahren (Durchschnitt 35,4 Jahre) randomisiert dem Vakzin BNT162b1 in Dosierung von 10 μg, 30 μg oder 100 μg oder einem Placebo zugeordnet. Die Teilnehmer erhielten im Abstand von 21 Tagen eine zweite Dosis.
Lokale Reaktionen (vor allem Schmerzen an der Injektionsstelle) und systemische Ereignisse (vor allem vorübergehende Erschöpfung oder Kopfschmerzen) traten Dosis-abhängig auf, waren allerdings generell mild bis moderat und vorübergehend. Adverse Ereignisse wurden insgesamt bei 50 % (6 von 12) der Teilnehmer mit jeweils 10 und 30 μg, bei 58,3 % (7 von 12) der Teilnehmer mit 100 μg und bei 11,1 % (1 von 9) der Teilnehmer mit Placebo berichtet. Es traten dabei keine schwerwiegenden adversen Ereignisse auf. Mit der 100 μg Dosis des Impfstoffs wurde entgegen des ursprünglichen Impfplans keine zweite Injektion verabreicht, da hier eine stärkere Impfreaktion gesehen wurde, ohne wesentlich erhöhte Immunogenität nach der Einzeldosis im Vergleich zur 30-μg Dosis zu zeigen.
Vorübergehende, meist mild bis moderate lokale und systemische Impf-Reaktionen
Konzentrationen der Antikörper (IgG), die gegen die rezeptorbindende Domäne des Spikeproteins gerichtet waren (kurz: RBD-bindende IgG) und SARS-CoV-2-neutralisierende Titer im Serum erhöhten sich mit den Dosis-Steigerungen sowie nach der zweiten Dosis. Die Immunogenität wurde mit der Immunantwort bei 38 genesenen COVID-19-Patienten verglichen, deren Serum mindestens 14 Tage nach einem positiven SARS-CoV-2-Nachweis (PCR) entnommen und untersucht wurde. Der geometrische Durchschnittswert des neutralisierenden Titers der relevanten Antikörper nach Impfung mit BNT162b1 erreichte um Faktor 1,9–4,6 höhere Werte als in dem Konvaleszenten-Serum gesehen wurde.
Vakzinierung um Faktor 1,9–4,6 höherer Antikörpertiter als nach SARS-CoV-2-Infektion
Diese Ergebnisse unterstützen die weitere Entwicklung des mRNA-Impfstoffs BNT162b1.
[DOI: 10.1038/s41586-020-2639-4]
© Alle Rechte: DeutschesGesundheitsPortal.de
GENERATE-BOOST: Neue Behandlungsstudie für autoimmune Gehirnentzündung
Mit einer kontrollierten und randomisierten Doppelblindstudie in über zehn Zentren in Deutschland wollen Neurologen des Universitätsklinikums Jena die Behandlung von autoimmun bedingten Gehirnentzündungen verbessern. Bei diesen Erkrankungen richten sich körpereigene Antikörper gegen Oberflächenproteine von Nervenzellen, was zu schweren geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen führen kann. Die Studie ist Teilprojekt eines Forschungsverbundes, der mit Förderung des BMBF ein Forschungs- und Behandlungsnetzwerk für Patienten mit dieser seltenen Erkrankung aufbaut. Unter den Bedingungen der Corona-Pandemie wird die Durchführung der Studie zur besonderen Herausforderung.
„Inzwischen konnte der erste Patient die Studie komplett durchlaufen! Die praktischen Abläufe haben gut funktioniert und ließen in der interdisziplinären Zusammenarbeit problemlos durchführen“, freut sich Prof. Dr. Christian Geis, der Leiter der „GENERATE-BOOST“-Studie, in die seit diesem Sommer Patienten und Patientinnen mit schweren autoimmunen Gehirnentzündungen aufgenommen werden können. Der Neurologe leitet die Sektion für Translationale Neuroimmunologie an der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Jena und ist ein Spezialist für diese seltenen Erkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen neuronale Oberflächenproteine wendet. Die Folgen können Verwirrtheit, Psychosen, epileptische Anfälle oder Bewusstseinsstörungen sein.
Vor etwa 15 Jahren wurde die autoimmune Enzephalitis in der medizinischen Fachliteratur erstmals beschrieben, inzwischen kennen die Neurologen eine ganze Familie dieser seltenen Erkrankungen, von denen meist junge Erwachsene betroffen sind. Ausgelöst durch bestimmte Tumoren, Infektionen oder zumeist noch ohne erkenntliche Ursache werden Antikörper gegen Neurotransmitter-Rezeptoren im zentralen Nervensystem produziert, die die Signalübertragung an den Kontaktstellen der Nervenzellen, den Synapsen, stören. In einem Grundlagenforschungsprojekt untersucht das Laborteam von Christian Geis, wie sich diese Störung auf die neuronale Netzwerkaktivität auswirkt.
Interdisziplinärer Forschungsverbund zu autoimmunen Gehirnentzündungen
Das Projekt ist Teil eines interdisziplinären Forschungsverbundes CONNECT-GENERATE, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Ziel ist es, das Spektrum der Erkrankung besser zu verstehen und ein Forschung- und Behandlungsnetzwerk für die Patienten mit autoimmun bedingter Gehirnentzündung aufzubauen. Die Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten für schwer ausgeprägte Krankheitsverläufe ist das erklärte Ziel der „GENERATE-BOOST“-Studie, die ebenfalls zum Verbund gehört und eine der weltweit ersten Behandlungsstudien für diese seltenen Erkrankungen darstellt.
Derzeit steht nur eine allgemeine Therapie zur Verfügung, die vergleichsweise unspezifisch die Immunreaktion unterdrückt oder Zellen im Blut reduziert, die am Immun- und Entzündungsgeschehen beteiligt sind. Die kontrollierte und randomisierte Doppelblindstudie testet die Wirksamkeit und Sicherheit der zusätzlichen Gabe von Bortezomib. Dieser eigentlich bei Blutkrebserkrankungen eingesetzte Wirkstoff richtet sich gegen Zellen mit hoher Proteinproduktion wie z.B. Plasmazellen, die auch für die Produktion der krankheitsauslösenden Autoantikörper verantwortlich sind. Studienleiter Geis: „Wir erhoffen uns davon eine Reduktion der Antikörper-produzierenden Plasmazellen, die wir mit den derzeitig angewendeten Therapien nicht erreichen können.“
Weitere Informationen:
Studienhomepage: https://generate-net.de/boost.html
ClinicalTrials.gov: NCT03993262
Homepage des Forschungsverbundes: https://generate-net.de/
Greifswalder Wissenschaftler*innen beleuchten einen Ausbruch von antibiotikaresistenten Bakterien in Vorpommern
Universitätsmedizin Greifswald
Wissenschaftler*innen der Universität Greifswald und Universitätsmedizin Greifswald haben in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut (RKI) und verschiedenen Einrichtungen aus ganz Deutschland einen Ausbruch von besonders antibiotikaresistenten Bakterien der Art Klebsiella pneumoniae analysiert und die Ergebnisse in der Zeitschrift Genome Medicine (DOI: 10.1186/s13073-020-00814-6) veröffentlicht. Unter der Leitung von Dr. Katharina Schaufler konnte das Team nachweisen, dass es sich bei dem Bakterienklon um einen gefährlichen Subtyp handelt, der unter anderem gegen zwei wichtige Reserveantibiotika resistent ist.
Antibiotikaresistente Klebsiella pneumoniae sind eine Hauptursache für inner- und außerhalb des Krankenhauses erworbene Infektionen wie beispielsweise Sepsis (sog. „Blutvergiftungen“), Leberabszesse, Harnwegsinfektionen und Lungenentzündungen. Infektionen mit diesen multiresistenten Bakterien führen besonders häufig zu schweren und auch tödlichen Krankheitsverläufen. In medizinischen Einrichtungen in Vorpommern wurde von Juni bis Oktober 2019 ein Ausbruch solcher Bakterien registriert.
Wissenschaftler*innen aus Greifswald haben unter anderem das komplette Erbgut dieser Bakterien bestimmt und analysiert sowie funktionelle Experimente im Labor durchgeführt. Sie haben festgestellt, dass die Bakterien umfangreiche Resistenzen aufwiesen und sogar stabil gegen die zwei sogenannten Reserveantibiotika Colistin und Meropenem blieben. Diese Antibiotika werden nur sehr sparsam eingesetzt, unter anderem zur Behandlung von schwerwiegenden Erkrankungen. Zusätzlich zur ausgeprägten Antibiotikaresistenz weisen die Bakterien Eigenschaften auf, die sie noch widerstandsfähiger und gefährlicher als andere Vertreter der gleichen Bakterienspezies machen. Dies ist ein möglicher Grund dafür, dass sie sich im Sommer 2019 unter verschiedenen Patient*innen im Kreis Vorpommern-Greifswald verbreiten konnten.
Dank der unmittelbaren Intervention der medizinischen Einrichtungen und des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Vorpommern, deren engen Kooperation im regionalen Netzwerk gegen multiresistente Erreger KOMPASS e. V., und der interdisziplinären Zusammenarbeit von Wissenschaftler*innen der Universitätsmedizin und der Universität Greifswald sowie des RKI konnte der Ausbruch bereits nach kurzer Zeit erfolgreich eingedämmt werden. Die Studie diente dem tieferen mikrobiologischen und epidemiologischen Verständnis des Bakterienklons und kann in Zukunft bei der Umsetzung von Kontrollmaßnahmen und Überwachungsstrategien dazu beitragen, dass vermehrt auch auf das Auftreten von gefährlichen bakteriellen Subtypen geachtet wird und diese schneller identifiziert werden.
Weitere Informationen
Arbeitsgruppe Pharmazeutische Mikrobiologie am Institut für Pharmazie der Universität Greifswald
Heiden S. E.*, Hübner N.-O.*, Bohnert J. A., Heidecke C.-D., Kramer A., Balau V., Gierer W., Schaefer S., Eckmanns T., Gatermann S., Eger E., Guenther S., Becker K., Schaufler K. (2020): „A Klebsiella pneumoniae ST307 outbreak clone from Germany demonstrates features of extensive drug resistance, hypermucoviscosity, and enhanced iron acquisition,“ in: Genome Medicine. 12: 1. https://doi.org/10.1186/s13073-020-00814-6
* gemeinsame Erstautorenschaft