Patientensicherheit nicht gefährden – Impfen muss ärztliche Aufgabe bleiben
„Impfen kann Leben retten. Deshalb müssen wir alles dafür tun, die Durchimpfungsraten in Deutschland zu erhöhen. Kontraproduktiv aber ist es, das hohe Qualitätsniveau von Impfleistungen in Deutschland zu senken und das Impfrecht neben Ärztinnen und Ärzten auch auf andere Professionen aus dem Gesundheitswesen zu übertragen. Impfen gehört zur ärztlichen Regelversorgung.“ So kommentierte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt aktuelle Pläne der Ampelkoalition, Grippeschutzimpfungen über die gegenwärtigen Modellprojekte hinaus regelhaft auch durch Apotheker anzubieten.
„Aus gutem Grund ist Impfen eine urärztliche Aufgabe. Es geht nicht um den Stich allein. Vielmehr gehören zu den ärztlichen Impfleistungen unter anderem die Impfanamnese, der Ausschluss akuter Erkrankungen und die Aufklärung zur Impfung“, so Reinhardt. Mögliche Komplikationen wie akute allergische Reaktionen, Kreislaufprobleme sowie Angstreaktionen müssten beherrscht werden. Auch die Kenntnisse über Impfungen zum Beispiel bei den unterschiedlichen Formen von Autoimmunerkrankungen, beim Einsatz immunsupprimierender Therapien, bei Schwangeren und bei chronisch Erkrankten setzten eine entsprechende ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung voraus. In Tagesseminaren ließen sich diese Kenntnisse sicher nicht vermitteln.
Zudem postuliere der Gesetzgeber einen niederschwelligen Zugang zu Impfungen über das Netz der Apotheken. Dabei verkenne er aber, dass es in Deutschland lediglich etwa 20.000 Apotheken gibt, von denen nur ein Teil in der Lage wäre, die räumlichen Anforderungen zur Durchführung einer Impfung zu erfüllen. Im Vergleich dazu seien mehr als 160.000 Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Versorgungsbereich tätig, rund ein Drittel davon sind Hausärzte.
„Es stehen also ausreichend Ärztinnen und Ärzte für Grippeschutzimpfungen zur Verfügung. Zur Erhöhung der Durchimpfungsrate in Deutschland sind keine zusätzlichen Impfangebote notwendig, sondern gut verständliche und auf die verschiedenen Zielgruppen angepasste Informationen über das Impfen, die im Internet, auf sozialen Netzwerken, in Arztpraxen und gerne auch in Apotheken zur Verfügung gestellt werden sollten. Die Impfung selbst muss aber aus Gründen des Patientenschutzes eine ärztliche Aufgabe bleiben“, so der BÄK-Präsident.
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Qualitätssicherung in der Intensivmedizin:
Update der DIVI-Qualitätsindikatoren veröffentlicht
Fünf Jahre nach dem letzten Update sind jetzt die neuen intensivmedizinischen Qualitätsindikatoren der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) erschienen. Verantwortlich zeichnet sich hierfür die Nationale Steuerungsgruppe Peer Review, ein 31-köpfiges interprofessionelles Autorenteam. „Wir konnten in diese vierte Ausgabe zahlreiche neue Forschungserkenntnisse einfließen lassen und selbstverständlich wurden aktualisierte Leitlinien berücksichtigt“, erklärt Dr. Oliver Kumpf (Foto) aus der Charité Berlin, Sprecher der Steuerungsgruppe und federführender Autor. Das Dokument sei bewusst sehr pragmatisch gehalten. „Jeder, der sich auf die Reise machen möchte, die eigene Qualität zu messen, sollte sich mit diesen Punkten auseinandersetzen.“
Viel Zeit hat die Gruppe vor allem in die Präzisierung von Formulierungen investiert, um Fehlinterpretationen jeglicher Art vermeiden zu können. Das 30 Seiten starke Dokument fasst in zehn Punkten kompakt die wesentlichen Behandlungsaspekte und Strukturmerkmale zusammen, die mit den Qualitätsindikatoren für jede Intensivstation überprüfbar sind:
Tägliche multiprofessionelle und interdisziplinäre Visite mit Dokumentation von Tageszielen
Management von Sedierung, Analgesie und Delir
Patientenadaptierte Beatmung (bei schwerem Lungenversagen)
Frühzeitige Entwöhnung von einer invasiven Beatmung (Weaning)
Überwachung der Maßnahmen zur Infektionsprävention
Maßnahmen zum Infektionsmanagement
Patientenadaptierte klinische Ernährung
Strukturierte Kommunikation mit Patienten und Angehörigen
Frühmobilisation
Leitung der Intensivstation
„Man muss aber nicht alle Aspekte gleichzeitig oder nacheinander betrachten“, so Kumpf. Die Kennzahlen sollen nicht dazu dienen, eine Station in zehn Prozessen zu betrachten – vielmehr sollten sich intensivmedizinische Behandlungsteams zunächst den einen Aspekt verstärkt anschauen, den sie verbessern möchten. „Wir wollen ja motivieren, anzufangen. Mit Hilfe der Indikatoren ist es wirklich nicht kompliziert!“ Zur Unterstützung bei der Evaluation von Qualität verweist er auf das Peer-Review-Verfahren der DIVI. „Damit hat man einen Startpunkt für Qualitätsverbesserung“.
Die Publikation ist zum Download veröffentlicht unter: https://www.divi.de/joomlatools-files/docman-files/publikationen/peer-review/220310-qualitaetsindikatoren-intensivmedizin-divi-peer-review.pdf
Interessierte Teams finden zudem zum intensivmedizinischen Peer-Review-Verfahren der DIVI und der Landesärztekammern auf diesen Seiten weitere, aktualisierte Informationen und Ansprechpartner: https://www.divi.de/empfehlungen/qualitaetssicherung-intensivmedizin/peer-review
Foto: privat