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Auf den Spuren der Königin der weißen Rebsorten

durch Klaus Lenser

Eine Hommage an den Riesling – Lieblingswein der Deutschen

Albin Thöni

Der Riesling  gehört zur deutschen Weinbaugeschichte, wie keine andere Rebsorte, und stellt mit über 23.000 Hektar die Hauptrebsorte in Deutschland dar und damit auch gut 25 % des Bestandes insgesamt. Weltweit werden derzeit um die 65.000 ha Riesling angebaut. Der Riesling ist entstanden aus Heunisch & Vitis vinifera sylvest. & Traminer und er stammt höchstwahrscheinlich aus dem Rheintal. Er wird ja auch Rhein-Riesling genannt.

Die erste schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1435 aus Rüsselsheim am Main. Wegen der geringen Erträge, der späten Reife und wohl auch der prononcierten Säure fristete er über Jahrhunderte eher ein Schattendasein und setzte sich nur in geeigneten Lagen durch.

Nur nach langen milden Herbsttagen entfaltet er sein ganzes Potenzial an Frucht, Eleganz und Komplexität. Wie wenige andere Rebsorten kann er die Eigenheiten des Terroirs in feinen Nuancen zum Ausdruck bringen. Die Urgesteinverwitterungsböden und die Schieferböden – ob Blauschiefer, Grauschiefer oder Rotschiefer- beeinflussen ganz besonders die Mineralität, die Aromatik und die Süße-Säure-Struktur des Lesegutes und damit des Weines. Denn im Boden ist das Gedächtnis der Natur gespeichert, und die Rieslinge, die gut entwässernde, wärmespeichernde, sonnige Lagen beanspruchen, sind geradezu das „Sprachrohr“ des Bodens.

Im Jahre 1720 wurde der Weinberg Johannisberg, benannt nach dem um 1130 gegründeten Benediktinerkloster und Johannes dem Täufer, oberhalb von Geisenheim im Rheingau, exakt am 50° Breitengrad, als erste Domäne ausschließlich mit 300.000 Rieslingreben auf 35 ha bestockt und wurde damit das älteste Rieslingweingut der Welt.

1775 kommt es wegen der sehr späten Weinlese zur Entdeckung der Spätlese von „edelfaulen“ Trauben auf dem Schloss Johannisberg. Dieses Weingut mit dem Quarzithügel, der in idealer Südrichtung zum Rhein hin absinkt und dem Taunusmassiv vorgelagert ist, bildet den Ursprung einer großen Weinkultur, die Geschichte geschrieben hat und bahnbrechend war für den Siegeszug des Riesling. Gerade die aus den edelfaulen Trauben gewonnenen Rieslinge, die Beeren- und Trockenbeeren- Auslesen waren es, die der Rebsorte weltweit Ruhm und eine hohe Reputation eingebracht haben. Der Riesling stand um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert weltweit im Zenit seines Ansehens: Die Weine waren damals, also vor dem ersten Weltkrieg, teilweise teurer als die Grand Crus aus dem Bordelais. Auch der erste Eiswein der Geschichte wurde hier Mitte des 19ten Jahrhunderts aus gefrorenen Trauben bei minus 7° C geerntet.

Nicht nur der Wein lockt Genießer an die Mosel, auch die Landschaft ist wunderschön
Nicht nur der Wein lockt Genießer an die Mosel, auch die Landschaft ist wunderschön

Der normalerweise in Richtung Norden fließende Rhein – aber bei Wiesbaden fast im rechten Winkel zunächst nach Westen, zwischen Rüdesheim und Assmannshausen wieder in Richtung Norden einbiegend – fließt in diesem 30 KM langen Abschnitt, dem Rheingau, breit dahin und sorgt für eine kontinuierliche Luftbefeuchtung, die für das Entstehen des Edelpilzes „Botrytis cinerea“, der Edelfäule besonders wichtig ist.

Riesling gibt es in vielen Spielarten, mit einer Vielfalt an Stilen, von trocken, halbtrocken, über „lieblich“ bis edelsüß. Seine pikante Säure kann sich mit den süßen Komponenten und den intensiven Aromen zu vollendeter Harmonie verbinden. Riesling ist eine sehr aromatische Rebsorte, mit einer Explosion an Fruchtaromen: Sein Bukett duftet intensiv nach Apfel, Pfirsich, Marille, Quitte, Grapefruit, Linden-und Akazienblüten, Nektarinen.

Je nach Lage kommen noch mineralische Noten vom Schiefer dazu. Bei den Beerenauslesen, die eine natürliche Restsüße besitzen, rücken die würzigen Kräuteraromen und Honignoten in den Vordergrund. Altersgereifte Rieslinge können aufgrund einer erhöhten Sonneneinstrahlung und Trockenstress oder zu warmer Lagerung im Keller sogar eine „Petrolnote“ (fuel character) aufweisen – einzigartige Firne, von Kennern sehr geschätzt. Aber eine zu stark ausgeprägte Note nach Kerosin (TDN) kann auch die Riesling-typische Aromatik zer-
stören.

Der Riesling besitzt immer eine klare, markante, rassige Säure. Diese Charakteristik macht ihn besonders lange lagerfähig. Die Qualitätsunterschiede basieren auf die Grad Oechsle- (nach Ferdinand Oechsle), die Maßeinheit für das Mostgewicht des Traubenmostes, also für die Zuckerkonzentration der Traube. Diese wird in Österreich und den ehemaligen Kron-Ländern der Habsburger Monarchie nach der Klosterneuburger Mostwaage (KMW) und in Italien nach dem Direktor der Weinbauschule von Klosterneuburg, Freiherr von Babo benannt.

Erstes Gewächs: Winzersekt vom Geheimrat >> J
Erstes Gewächs: Winzersekt vom Geheimrat >> J << vom Weingut Wegeler in Oestrich-Winkel in der Rheingauer Schlegelflasche. Die feinfruchtigen und spritzigen Rieslinge haben die besten Voraussetzungen für die Sektbereitung

Die wichtigsten Länder, wo der Riesling ausgebaut wird: Deutschland (Rheingau, Mosel, Pfalz, Rheinhessen, Nahe), Rumänien, USA, Österreich (Wachau, entlang der Donau), Elsass zwischen Colmar und Straßburg, Australien (Eden Valley bei Adelaide = das Rieslinganbaugebiet von Australien).

Aus Bernkastel an der Mosel, wo der weltberühmte Bernkasteler Doctor produziert wird, von dem man sagt, dass er gesünder wäre, wie manche vom Arzt  verschriebene Arznei. Aber die Weinberglagen Bernkastel Doctor oberhalb der mittelalterlichen Stadt Bernkastel-Kues am rechten Ufer der Mosel – von wo der Humanist, Theologe und Kardinal Nicolaus Cusanus (Nikolaus von Kues) herstammt, der in den Jahren um 1450 -1458 vom Papst als Fürstbischof von Brixen eingesetzt war – sind auch teuer, wie sonst nirgendwo in Deutschland!

Die Mosel ist Deutschlands älteste Weinregion, mit derzeit 5400 ha Rebfläche sozusagen die deutsche Riesling-Hochburg, wo bereits die Römer 50 v. Chr. ihre Reben angepflanzt haben.

Trier – Augusta Treverorum – ist der älteste Weinort Deutschlands. Nirgendwo auf der Welt gibt es mehr Steillagenanbau mit Hangneigungen bis und über 60° und nirgendwo wird mehr Riesling angebaut.

Fürwahr: Der Spruch „In Vino Veritas“ hat eben doch seine Berechtigung, denn der Wein löst nicht nur die Zungen, sondern öffnet auch die Herzen füreinander!

Schließen möchte ich mit dem Psalm 104, V. 14, den ich auf einem Fass in den historischen unterirdischen Kelleranlagen vom Schloss Johannisberg schon öfters gelesen habe: „ET VINUM LAETIFICET COR HOMINIS. Und der Wein erfreue des Menschen Herz“.         

In Berkastel-Kues habe ich folgenden Spruch gelesen:

„Krank war der Fürst, trotz der Ärzte Plagen, sein letztes Stündlein wollte schier schon schlagen. Ein Fäßlein hat man ihm gebracht, … er trank und trank am Doctorwein, und konnte wieder gestärkt neues Leben wagen“!

Dieser Beitrag ist ein Auszug einer Wein Degustation mit einem Seminar über Riesling Weine, das von Chris Mayr, Präsidentin der Südtiroler Sommeliervereinigung, in Eppan an der Südtiroler Wein-strasse moderiert wurde. Aus Südtirol gab es drei Rieslinge zu verkosten, allesamt vom Weingut Unterortl unter dem Schloss Juval des Bergsteigers Hubert Messner im Vinschgau.

Fotos: Albin Thöni