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Nordkarelien entdecken

durch Klaus Lenser
Nordkarelien - atemberaubende Landschaften, gastfreundliche Menschen und kulinarische Traditionen

Finnland, – Land der unzähligen Seen und kleinen Inseln übt auf jeden Besucher eine ganz besondere Magie aus. Der östlichste Teil Finnlands, Nordkarelien, ist berühmt für seine Naturschönheiten, seine kulinarischen Traditionen und einen beschaulicheren Lebensstil. Mit rund 2.000 Seen und 24.000 Ferienhäusern ist die Region das bevorzugte Reiseziel der Finnen, wenn sie sich entspannen und die Natur genießen möchten. Aber auch immer mehr Ausländer bevorzugen diese Landschaft, Besucher aus Europa und der ganzen Welt möchten die Attraktionen dieser Gegend entdecken. Nordkarelien ist der perfekte Urlaubsort für Naturliebhaber, die Finnlands schroffe Bergrücken, kristallklare Flüsse und Seen sowie Inseln mit herrlicher Flora erleben möchten. Es ist ein Ort, an dem sich Künstler seit Jahrhunderten inspirieren lassen – das berühmte finnische Nationalepos von Elias Lönnrotin „Kalevala“ wurde in Karelien geschrieben.

Luxusioeses "Kesämökki" mit seperatem Saunahaus am Pielinen See
Luxuriöses "Kesämökki" mit seperatem Saunahaus am Pielinen See

Unsere Karelientour startet in Joensuu, ungefähr vier Stunden Fahrzeit mit dem Zug von Helsinki. Unsere erste Station ist das neue Lietsu Boutique Aparthotel. Die Besitzerinnen Helena und Maria haben sich 2019 für die Eröffnung dieses kleinen, feinen Hauses entschlossen, nachdem sie schon einige Jahre ein B&B im Privathaus betrieben hatten. In jedem der großzügigen Apartments ist eine Küche integriert, sodass Selbstversorger unabhängig ihren Tag planen können. Wichtig ist den Besitzerinnen die Symbiose zwischen finnischer Historie, Kultur und Natur. Signifikante Hinweise auf die Philosophie sind viele alte traditionelle, aber hervorragend renovierte Möbel.

Joensuu ist Universitätsstadt, viele internationale Studenten prägen und beleben die Stadtszenerie, das ergibt ein junges und modernes Stadtbild. Bei einem Rundgang sollte man dem nordkarelischen Museum einen Besuch widmen. Hier findet man Gebrauchsgegenständen der Vergangenheit sowie traditionelle karelischen Trachten und Wissenswertes über die Jahrhunderte alte Wirklichkeit der ehemals armen Gegend. Das naheliegende Kulturzentrum Taitokortteli zeigt finnische Handarbeiten, kulinarische Spezialitäten und diverse touristische Mitbringsel für zu Hause.

Erstklassige Craft-Biere und karelische Küchenspezialitäten: im Restaurant Kolin Ryynänen
Erstklassige Craft-Biere und karelische Küchenspezialitäten: im Restaurant Kolin Ryynänen

Zu den eindrucksvollsten Landschaftsbildern der Region Nordkarelien gehört die Naturlandschaft der Koli-Berge. Als Relikt der uralten Bergkette der Kareliden, die größtenteils der eiszeitlichen Erosion zum Opfer fiel, wurde ein Teil der Koli-Berge 1991 zum Nationalpark erklärt. Koli hat Künstler, Fotografen und Naturliebhaber wie kein anderer Ort in Finnland angezogen. Die Faszination versteht man, wenn man auf dem Berg Ukko-Koli steht und sich die an „Tolkien“ erinnernde Landschaft mit Hügeln, Seen und kleinen Inseln vor einem entfaltet. Die Aussicht von der Hügelkette um den 347 m hohen Felsgipfel ist einfach überwältigend. Bei guter Sicht reicht der Blick über den riesigen Pielinen See bis nach Russland. Aufgrund seiner natürlichen Gegebenheiten bietet der Nationalpark Koli viele Outdoor-Aktivitäten vom Skifahren und Schneeschuhwandern oder Eisangeln im Winter bis hin zum Wandern, Kanufahren, Rudern und Radfahren, Fischen in den Sommermonaten. Das Schutzgebiet des Koli Nationalparks umfasst eine Fläche von rund 30 Quadratkilometern und gehört zu den Ausflugszielen, die jeder  Finne gesehen haben muss. Schon seit ewigen Zeiten schätzen Naturliebhaber und Wanderer das Naturschutzgebiet mit seinen schroffen Hügeln und Felsen, die majestätisch über der finnischen Seenlandschaft thront.

Das Dorf Bomba, in der Nähe der Stadt Nurmes, ist eine historische Nachbildung eines karelischen Dorfes und eine Reminiszenz an die Vergangenheit. Das Bomba-Haus ist eine majestätische Holzvilla mit prachtvoller Dekoration. Im August 1978 wurde Eröffnung gefeiert. Es ist eine Kopie des Hauses, das der Unternehmer Jegor Bombin im Jahr 1855 im karelischen Suojärvi auf der russischen Seite baute. Die Architektur erzählt die wechselhafte Geschichte des Ortes, an dem Ost und West zusammentreffen. Das wunderschöne Bomba-Haus und das dazugehörige karelische Dorf stehen für authentische karelische Kultur und traditionelle Bauweise. Davon zeugt jeder Baumstamm und jedes Häuschen. Der Villen-Nachbau ist eine Hommage  an den erfolgreichen Jegor Bombin der nie eine Schule besuchte und weder lesen noch schreiben konnte. Mit seiner Energie und visionären Schaffenskraft entstanden viele Arbeitsplätze in der spärlich besiedelten Region. Das Bomba-Gelände ist heute eine Attraktion mit Übernachtungsmöglichkeiten und Restaurants sowie einem Spa-Hotel, einer abwechslungsreichen Auswahl an erlebnisreichen Aktivitäten, einem Marktplatz, einem Freilufttheater und einer traditioneller orthodoxen Kapelle. In den kleinen Läden werden handgemachte Produkte, Souvenirs und lokale Erzeugnisse angeboten. Das Spa-Hotel ist barrierefrei. Neben den Geschäften dürfen Gäste sich auch die interessanten Ausstellungen und Shows sowie die Mottotage nicht entgehen lassen. Dieses idyllische karelische Dorf hat sich zu einem Touristen-Magnet nicht nur für Einheimische entwickelt. Ein besonderes Urlaubserlebnis für Gäste aus aller Welt.

... frisch vom Grill schmeckt es am Besten
... frisch vom Grill schmeckt es am Besten

Authentische lokale Spezialitäten

In der üppigen Natur wachsen sehr viele Kräuter, Beeren, Pilze. Die Produkte sind bis heute Grundlage der karelischen Küche. Was macht ein Gericht zu einem karelischen Gericht? Und welcher rote Faden zieht sich in der Essenszubereitung durch alle karelischen Wirtshausküchen? Das, was die Esskultur betont, ist die Konservierung und Zubereitung der Speisen. Die Zutaten werden oft eingelegt, getrocknet, gepökelt oder im Ofen geschmort – für Letzteres ist die karelische Küche besonders bekannt. Schließlich brannte in den Öfen der karelischen Küchen früher stets ein Feuer. Das bekannteste Schmorgericht ist der karelische Fleischtopf (Karjalanpaisti), der auch gerne am finnischen Unabhängigkeitstag oder zu Weihnachten serviert wird. Auf den Teller kommt vor allem das, was in der Natur zu finden ist: Pilze, Kräuter, Beeren, Wild und Fisch. Deshalb lassen sich die Gerichte, die früher auf den karelischen Tisch kamen, auch heute noch auf den Speisekarten finden. Dazu gehört gepökelter Fisch genauso wie Fleisch und in Salz eingelegte Pilze und Kohl. Die aus einer Roggenteigschale bestehenden und mit herzhaftem Milchreis oder Gerstenbrei gefüllten karelischen Piroggen (Karjalanpiirakat) gelten sowohl in Finnland als auch im Ausland als die bekannteste karelische Spezialität schlechthin. Getoppt wird das ganz noch, wenn eine Eibutter dazu serviert wird. Sehr lecker !! und zum „süchtig werden“ geeignet!

Ein Besuch im Restaurant Kolin Ryynänen, mit original karelischem Ambiente, verbunden mit einem Biertasting und anschließendem Dinner, das Haus liegt in der Nähe vom Ukko-Koli, lernen wir Jean-Francois aus Paris kennen, der sich seit einigen Jahren – neben Hotel-und Restaurantbetrieb – auf das Brauen von ( Craft-)Bier spezialisiert hat. Sechs verschiedene Sorten hat er im Angebot, alle von sehr guter Qualität und äußerst süffig. Allerdings beim Alkoholgehalt geht es schon mal auf 8,6 % hoch.

Mehr Karelisches lernen wir bei Minna Murtonen kennen, die ein Gästehaus (Gästehaus Pihlajapuu) mit Kochschule betreibt und Besucher in die karelische Küche einführt. Was so einfach aussieht, – nämlich Piroggen herzustellen – ist letztendlich nicht so leicht wie es erst mal scheint. Spaß macht es aber und wir verzehren die „selbstgemachten“ Piroggen mit großem Appetit. Kochkurse und weitere Freizeitaktivitäten wie z. B. Radtouren werden regelmäßig angeboten. Minna Murtonen ist eine Institution für karelische Tradition und Heimatpflege. Die gelernte Lehrerin – sie spricht sehr gut deutsch – ist nicht nur Touristenführerin, Organisatorin für Rad-, Wander- und Paddeltouren oder Kochkurse, sie ist ein Kompendium des Wissens über Heimatgeschichte. Ihr zuzuhören ist eine wahre Freude. (www.aksytammat.fi/de/kontakt)

Kareliens bekannteste Touristenführerin: Minna Murtonen
Kareliens bekannteste Touristenführerin: Minna Murtonen

Kulinarische Outdoor-Erlebnisse bietet auch eine Angeltour auf dem Pielinen See mit anschließender Verkostung des Angelerfolgs am Lagerfeuer. Pielisen Retki hat die gesamte Ausrüstung einschließlich wasserfester warmer Kleidung mit an Bord und so geht es mit hoher Geschwindigkeit über den See. Lange dauert es nicht und wir haben die ersten Fische am Haken. Da auch in Finnland Naturschutz groß geschrieben wird, müssen wir die Fische leider zurück ins Wasser werfen, sie sind zu klein. Mindesten 27 cm lang müssen Sie sein. Pielisen Retki war mal (Sterne-)Koch in Helsinki bevor er sich entschlossen hat in seinen Heimatort Nurmes zurückzukehren und neben einem kleinen Fischverarbeitungsbetrieb Angeltouren für Touristen anzubieten und ein Cateringunternehmen zu gründen. Seine Angeltour mit anschließendem Essen am Naturgrill im Wald dauert ca. 2-3 Stunden.

Die Sokos Hotelgruppe ist mit 45 Hotels ein typisch finnisches Unternehmen das mit verschiedenen Kategorien Zimmer anbietet. Im Break Sokos Hotel in Bomba treffen wir Küchenchef Pasi Brilli, der seit Januar 2022 ein neues Fine Dining Konzept entwickelt. Dazu gehört auch ein außergewöhnliches Weinpairing, das in Kooperation mit einem naheliegenden Kloster erarbeitet wird. Zu dem 5-gängigen Menu werden Weine die aus Beerenhergestellt wurden gereicht. Die Weine schmecken zum großen Erstaunen ausgezeichnet und wenn man es nicht wüsste, würde man diese Tropfen als ganz „normalen“ Wein degustieren.  Wir sind sicher, dass bei einer Blindverkostung auch mancher Experte den Unterschied nicht sofort feststellen kann. Küchenchef Pasi Brilli, der in vielen bekannten Gourmetrestaurants Erfahrungen sammeln konnte hat seine Kochmethodik geändert. Er stimmt die Zusammensetzung seiner Gerichte auf die Beerenweine ab und nicht wie in den meisten Restaurants üblich, zuerst die Speise und dann der Wein. Das „Bomban Valamo Menu“ ist einschließlich Weinbegleitung zum, für finnische Verhältnisse ungewöhnlich günstigen, Preis von € 78,50 zu buchen. Dieses Gourmet Menu hat nicht nur sehr gut geschmeckt, es wird ganz sicher hohe Akzeptanz bei Gourmets, Genießern und Weinliebhabern fínden.

Das Küchenteam um Pasi Brilli
Das Küchenteam um Pasi Brilli

Finnlandurlauber wissen wie schön und entspannend die schönste Zeit des Jahres in einem Cottage an einem See weitab von Zivilisation und Menschenansammlungen in mitten der Natur ist. Cottages, in Finnland oft auch x genannt, gibt es in unterschiedlichen Kategorien, mit mehr oder weniger Luxus ausgestattet. Immer gehört eine Sauna dazu, entweder integriert im Ferienhaus oder in einem extra Saunahäuschen nahe dem See. Die komfortableren Ferienhäuser verfügen häufig über Außen- und Innensauna. Manche dieser Cottages sind sehr luxuriöse Villen, mit allem ausgestattet was Urlauber wünschen. (Ahola Cottage, Lieksa, Koli) Achtung: Braunbären gibt es hier reichlich und man sollte schon vorsichtig sein, besonders im Dunkeln.

Neue kulinarische Ideen rund um den Beerenwein
Neue kulinarische Ideen rund um den Beerenwein

Finnische Gastfreundschaft par excellence lernen wir noch einmal bei unserem Besuch des bekannten finnischen Cellisten Jussi Makkonen in seinem Privathaus in der Nähe von Bomba kennen. Eine großzügig gedeckte Kaffeetafel mit selbst gemachten Piroggen und Zimtschnecken sowie einer wunderbaren Mangotorte erwartet uns bei dem Interviewtermin. Der 42-jährige Jussi begann mit 13 Jahren Cello zu spielen. Den ersten größeren Auftritt hat er im Alter von 16 Jahren in Lissabon. Danach beginnt der Start einer internationalen Karriere. Schnell entdeckt er seine Liebe zu den weltberühmten finnischen  Kompositionen von Jean Sibelius. Zum 150. Geburtstag von Sibelius bringt er mit dessen Enkelin zusammen ein wunderschönes Kinderbuch „Melody Forest“ heraus, begleitet von einer CD. Das Buch erinnert an Erlebnisse der Enkelin mit ihrem Großvater. Das Buch ist nur eines von vielen Projekten, die Jussi Makkonen neben seinen vielen Auftritten in aller Welt verwirklicht. Während Corona hat er sehr erfolgreich Streamingkonzerte gegeben, da er die sonst üblichen Konzerte in seinem Privathaus nicht durchführen konnte. Mit Nazig Azezian, die ihn auf seinen Konzerten und bei Musikaufnahmen auf dem Piano begleitet, hat er eine große Pianistin an seiner Seite.

Weltbester Sibelius-Interpret: Jussi Makkonen
Weltbester Sibelius-Interpret: Jussi Makkonen
Hommage an Sibelius Autor Katri Kirkkopelto Musik: Jussi Makkonen/ Nazig Azezian
Hommage an Sibelius, Autor: Katri Kirkkopelto Musik: Jussi Makkonen/ Nazig Azezian

Das Jussi Makkonen nicht nur ein begnadeter Cellist, sondern auch ein guter Unternehmer ist, beweist er mit der Tatsache, dass unter seiner Initiative das 1. Sibeliusparfum auf den Markt gekommen ist, ein sehr blumiger und leichter Duft bezaubert die oder den Benutzer(in). Für die üblichen Fotos präsentiert Jussi das 300 Jahre alte Cello, beeindruckt bewundern wir das Instrument. Für das 300 000 € antike Cello wird bei Flugreisen ein zusätzliches Ticket gebucht. Nie würde Jussi das wertvolle Instrument jemand anderem in Obhut geben. Bei seinen vielen Konzertreisen wird er oft von einem seiner zwei Söhne begleitet. Seine Ehefrau, eine Lehrerin, übt mit viel Engagement ihren Beruf aus und hält Jussi den Rücken frei, ohne selbst ins Rampenlicht zu treten. Die Begegnung dieses berühmten Cellisten in seinem Privathaus war beeindruckend. Wir lernen einen sehr emphatischen Menschen kennen, ohne jede Überheblichkeit, Arroganz oder gar seine Berühmtheit in den Vordergrund zu stellen. Jussi Makkonen ist ein Künstler, der nahe bei den Menschen ist und dem Starallüren unbekannt sind.

In Kuopio, der 1775 gegründeten Stadt und heute eine lebendige, moderne Mischung von Traditionen und Leben mitten in der Natur, endet unsere Reise. Kuopio ist die neuntgrößte Stadt Finnlands und umgeben vom Kallavesi-See. Zum großen Teil ist Kupio auf Inseln gebaut, ein Drittel von der Fläche nehmen Seen ein, und eine Hälfte besteht aus Wald. Museen und die alte Markthalle sind einen Besuch wert. Auf dem großen Marktplatz findet regelmäßig ein Markt statt, auf dem Produkte der Region angeboten werden. Das Zentrum ist eher klein und lässt sich bei einem Bummel entdecken. Eine Empfehlung sind das Restaurant und Hotel Lapland nahe des Bahnhofs. Hier schläft man nicht nur gut, man kann auch sehr gut regionale Gerichte essen.

Mit dem Zug geht es zurück nach Helsinki, die Fahrt dauert ca. vier Stunden durch herrliche Wälder, vorbei an großen und kleinen Seen, die den Besucher wehmütig zurücklassen.

Finnland und besonders die Region Nordkarelien sind einen Besuch wert und bieten neben der fantastischen Natur, Kultur, Kulinarisches und gastfreundliche Menschen.

Info:

Allgemeine Touristinfos

www.visitkarelia.fi

Hotel in Joensuu

www.lietsuhotel.fi

Koli Nationalpark

www.koli.fi/de

Sokos Hotels

www.sokoshotels.fi

Biertasting:

www.kolinryynanen.com

Jussi Makkonen

www.jussimakkonen.com

Angeltour

www.pielisenretki.fi

Hotel Kuopio

www.laplandhotels.com

Fotos: Gour-med, Oskari Nevalainen

Verlag: Lasten Keskus, 2016