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Das Elsass

 Links und rechts der Elsässischen Weinstraße

durch Klaus Lenser
Blumengeschmücktes Colmar

Gour-med

Eguisheim, dieses historische Kleinod südlich der Stadt Colmar, wirkt auf die Besucher wie ein frisch poliertes Dorf aus dem Mittelalter. Gut erhaltene, renovierte und gepflegte Fachwerkhäuser in bunten Farben prägen das Ortsbild. Über allem thront stolz die im 13. Jh. erbaute Burg. Ein gut ausgeschilderter Rundgang führt die Gäste zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten, die über die Geschichte des Ortes der letzten Jahrhunderte Zeugnis ablegen. Die dreisprachigen Erläuterungen vor den Objekten sind dabei sehr hilfreich.

In Eguisheim sind die kleinen, aber typisch regionalen Weinstuben der Touristenmagnet. Hier wird die genussvolle, gleichwohl deftige – Elsässer Küche serviert. Das ist für fast alle Besucher der Hauptgrund, neben den erstklassigen Weinen das Elsass zu erkunden.

Der Herbst und die Zeit der Weinlese sind wegen der vielen kulinarischen Köstlichkeiten, die jetzt geerntet werden, bei den Touristen sehr beliebt.

Natürlich spielt auch die Nähe zu Colmar, Hauptstadt der Elsässer Weinstraße, eine Rolle. Traditionelle Häuser, Kanäle und blumengeschmückte Gassen sowie die gastronomische Vielfalt sind das, was das malerische Elsass – gerade in Colmar – ausmacht. Gemütlichkeit und Gastfreundschaft werden großgeschrieben. Einen spannenden Rundgang durch die über tausend Jahre europäische Geschichte Colmars darf man nicht auslassen. In der Fußgängerzone, in der alten, unter Denkmalschutz stehenden Stadt, bestaunt man ein gut erhaltenes Kultur-, Zivil- und Religionserbe, das vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert reicht. Das malerische Viertel „Klein-Venedig“ zieht Touristen aus aller Welt an. Von den früheren Zunftvierteln ist das Gerberviertel mit den großen Häusern und weißen Fassaden am besten erhalten. Nicht verpassen darf man die prächtige Abteikirche Sankt Martin, die durch ihre zahlreichen architektonischen Details der Gotik und ihre ausgefallenen Farben beeindruckt.

Elsässische Handwerkskunst bei den Zunftzeichen
Elsässische Handwerkskunst bei den Zunftzeichen

Colmar ist für traditionelle Fachwerkhäuser bekannt, darunter zahlreiche bedeutende Bürgerhäuser. Prachtvolle Beispiele sind das Haus Adolf, das älteste der Stadt, oder auch das Pfisterhaus (Maison Pfister) aus dem 16. Jahrhundert mit wunderschönen Wandmalereien. Nicht zu vergessen das Kopfhaus (Maison des Têtes) aus dem 17. Jahrhundert, dessen Fassade mit 111 Masken und einem dreistöckigen Erker verziert ist. All diese Häuser tragen zum einzigartigen Flair von Colmar bei.

Weit über die Grenzen bekannt ist das Museum Unterlinden mit dem berühmten Meisterwerk, dem Isenheimer Altar. Der Wandelaltar aus dem Antoniter Kloster in Isenheim im Oberelsass aus dem frühen 16. Jahrhundert gehört zu den wenigen Altären, die von Kunstexperten, Historikern und Geschichtsforschern aus aller Welt bestaunt und bewundert werden. Die Gemälde auf zwei feststehenden und vier drehbaren Altar-Flügeln sind das in den Jahren 1512 bis 1516 geschaffene Hauptwerk von Matthias Grünewald (Mathis Gothart Nithart, genannt Grünewald) und zugleich eines der bedeutendsten Meisterwerke der deutschen Tafelmalerei. Die Skulpturen im Altarschrein werden dem um 1490 in Straßburg tätigen Bildschnitzer Niklaus von Hagenau zugeschrieben. Neben diesem Meisterwerk werden weitere Gemälde von Martin Schongauer, dessen Meister Caspar Isenmann, Cranach dem Älteren und Holbein dem Älteren ausgestellt. Die enzyklopädische Dimension des Museums erweist sich in einer Sammlung archäologischer Fundstücke vom Neolithikum bis hin zur Merowinger-Zeit, ebenso wie in der Sammlung von Kunstgewerbe und Volkskunst vom 16. bis zum 19. Jahrhundert und in einer vielfältigen Kollektion von Gemälden des 19. Jahrhunderts. Der sehr reiche Fundus an moderner und zeitgenössischer Kunst wurde aufgrund von Platzmangel bis 2012 nur unregelmäßig zur Schau gestellt, ist aber, seit der Wiedereröffnung der auf 8.000 m² erweiterten Ausstellungsfläche Ende 2015, fester Bestandteil der Dauerausstellung. Die Erweiterung des Museums besteht aus dem angrenzenden ehemaligen Schwimmbad und einem Neubau der Architekten Herzog & de Meuron. Entspannung finden Besucher im Klostergarten oder im Café des Museums.

Der Isenheimer Altar, berühmtes Kunstwerk im Museum Unterlinden
Der Isenheimer Altar, berühmtes Kunstwerk im Museum Unterlinden

Etwas nördlich von Colmar an der elsässischen Weinstraße liegt Orschwiller mit der Haut-Koenigsbourg. Die bekannten Orte wie Kaysersberg, Riquewihr oder Ribeauville liegen auf dem Weg und lohnen, auch wegen der vielen Winzer, einen Stopp.

Durch die Burg führt uns Oliver Stelz. Er kennt die wechselvolle Geschichte der Burg im Detail. Seine Erläuterungen sind so spannend als wäre man seinerzeit dabei gewesen. Erstmals erwähnt im 12. Jh. befand sie sich im Besitz der Staufer. 1442 fiel sie an die Habsburger, die sie dem Haus Tierstein 1479 als Lehen gaben. Nach dem 30-jährigen Krieg lag die Burg dann ca. zweieinhalb Jahrhunderte brach, bevor 1899 die Stadt Sélestat sie dem deutschen Kaiser Wilhelm II. von Hohenzollern schenkte. Der ließ die Koe-nigsbourg restaurieren und zu einem Museum des Mittelalters machen. Durch den Vertrag von Versailles (1919) wurden die Güter der deutschen Krone Eigentum Frankreichs. Die Burg hat nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Bis zu 500 000 Besucher werden jedes Jahr gezählt.

Hat ein wechselvolle Geschichte hinter sich: Haut-Koenigsbourg
Hat ein wechselvolle Geschichte hinter sich: Haut-Koenigsbourg

Neben dem kulturellen Reichtum ist das Elsass, wie schon zuvor erwähnt, wegen der vielfältigen kulinarischen Genüsse und der großartigen Weine bei Feinschmeckern ein beliebtes Reiseziel. Besonders im Herbst, zurzeit der Weinlese und den von April bis Oktober überall stattfindenden Weinfesten. Weinverkostungen bieten fast alle Winzer an, bitte mit Voranmeldung.

Tradition und Moderne sehr gelungen vereint, findet man im Weingut Joseph Cattin in Voegtlinshoffen. Der 300 Jahre alte Familienbetrieb wird in 12. Generation geführt. Ganz dem Trend folgend werden inzwischen 30 % der Reben Bio ausgebaut. Eine Spezialität des Weingutes ist der Crémant. Erstaunliche zwei Millionen Flaschen werden jedes Jahr abgefüllt.

In Gertwiller ist die Winzerfamilie Zeyssolff, 1778 gegründet, wegen ihrer Spezialitäten unbedingt einen Besuch wert. Seit 11 Generationen wird hier Wein produziert. 1997 übernahm Sohn Yvan das Familienunternehmen. Das Haus produziert Wein aus sieben elsässischen Rebsorten (unter anderem Riesling und Gewürztraminer), eine feine Auswahl an Crémant d‘Alsace sowie den seltenen Klevener de Heiligenstein und einige Kuriositäten wie den berühmten Pinot Gris Rosa. Die Rebflächen befinden sich in geologisch unterschiedlichen Terroirs, wodurch unverwechselbare Weine entstehen. Die Domaine verfügt über einen außergewöhnlichen Keller mit rund zwanzig großen, jahrhundertealten Eichenfässern, auf denen bei Besichtigungen eine Multimediaschau über die Geschichte des Hauses gezeigt wird. Am Wochenende werden im dazugehörigen Restaurant elsässische Spezialitäten angeboten. Herrlich lässt es sich in den zum Weingut gehörenden, komfortabel ausgestatteten Ferienwohnungen ausspannen. Sie sind ein guter Ausgangspunkt, um das Elsass zu erkunden.

Restaurants und Bistros gibt es entlang der Weinstraße reichlich. Da sollte man sich einfach treiben lassen und auf Entdeckungstour gehen. Von Flammekueche bis zum Choucroute (Sauerkraut mit Schlachtplatte) reicht das vielseitige kulinarische Angebot. Und als typisches Mitbringsel – neben Wein – ist der Kougelhopf besonders beliebt.

Elsässische Spezialitäten
Elsässische Spezialitäten

Etwas anspruchsvollere Küche genießt man im Restaurant l’Ami Fritz in Ottrott. Küchenchef und Besitzer Patrick Fritz konzentriert sich auf die Verfeinerung regionaler Produkte. Seine Gerichte sind kreativ neu inspiriert und harmonisch zu filigranen Köstlichkeiten entwickelt. Das Fisch-Choucroute, eine Abwandlung des klassischen Choucroute, nur statt Schlachtplatte werden drei verschiedene Fischsorten serviert, Aal muss, Forelle kann und Seebarsch soll dabei sein. Diese geschmackvolle Komposition von Patrick Fritz ist zur genussvollen Berühmtheit geworden. Das elegante Ambiente des Restaurants und der Service, klassische alte Schule, lassen Erinnerungen an die hohe Zeit der gehobenen Gastronomie wach werden. Die Gäste fühlen sich einfach gut aufgehoben. Gour-med wird das I’Ami Fritz im nächsten Jahr erneut besuchen und etwas ausführlicher darüber berichten.

Berüchtigt sind die Elsässer Kalorien. Geradezu zwangsläufig wird man nach all den Leckereien davon befallen. Da bieten, wenn man denn will, 2500 km Radwanderwege (siehe auch Archiv www.gour-med.de Ausgabe 9/10 2021 Seite 46 – 47), gut asphaltiert, abwechslungsreiche Möglichkeiten, überflüssige Kalorien in der Region zu lassen. Wanderer wissen das Elsass schon seit vielen Jahren wegen der herrlichen Wanderwege in unberührter Natur zu schätzen. Es lohnt sich also mal zu unseren Nachbarn zu fahren.

Fotos: Gour-med


Info:
www.visit.alsace
www.musee-unterlinden.com
www.cattin.fr
www.zeyssolff.com
www.amifritz.com