Home Newsletter Freie Ärzteschaft: Künftig zur „Behandlung“ in die Apotheke oder doch lieber zum Arzt?

Freie Ärzteschaft: Künftig zur „Behandlung“ in die Apotheke oder doch lieber zum Arzt?

durch Klaus Lenser

Asthma, Bluthochdruck, Krebs oder Nierentransplantation – nach Meinung der Gesundheitspolitik können Patienten dafür künftig zur Beratung in die Apotheke gehen. Apotheker bzw. deren Angestellte „bearbeiten“ die Blutdruckeinstellung oder den Medikamentenplan, an dem auch Änderungen vorgenommen werden können. Das sieht eine Gesetzesänderung im Paragrafen 129 des fünften Sozialgesetzbuches vor, die noch aus der Spahn-Ära stammt. Demnach wird Tätigkeit von Hausärzten, Pulmologen, Kardiologen, Nephrologen, Onkologen und weiteren Fachärzten in die Apotheken verlagert. „Diese Substitution ist ein Paradigmenwechsel, dessen Sinnhaftigkeit man hinterfragen muss“, sagte Wieland Dietrich, Dermatologe aus Essen und Vorsitzender der Freien Ärzteschaft (FÄ) am Donnerstag. „Denn die Kompetenz für diese neuen Beratungsleistungen fehlt eindeutig.“

Gleichzeitig ist die Bezahlung von bis zu 90 Euro ein Vielfaches von dem, was die Krankenkassen für die gesamte Behandlung in einer Arztpraxis im Quartal bezahlen. „Das Geld scheint also vorhanden zu sein, trotz der ständigen Hinweise auf die drohende, milliardenschwere Beitragslücke in der Gesetzlichen Krankenversicherung“, so Dietrich. „Da müssen sich die Verantwortlichen nicht wundern, dass in Deutschland in vielen Regionen Arztpraxen inzwischen einfach nicht nachbesetzt werden.“

Wer ist für diese gefährliche Fehlentwicklung verantwortlich?

„Lauterbachs Amtsvorgänger Spahn hat mit seinen Gesetzen der Lobby der Online-Versandapotheken aus dem Ausland ein Geschenk nach dem anderen gemacht“, sagt Dr. Silke Lüder, niedergelassene Allgemeinärztin aus Hamburg und Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft. „Spahn forcierte die Fernbehandlung über Telemedizinfirmen und mit ihnen verbundene Onlineapotheken mit Hilfe des geplanten E-Rezepts.“ Völlig klar sei, dass die Umleitung über das e Rezept, welches zunächst auf lange Sicht zusätzlich auf Papier mit einem QR Code ausgestellt wird, Milliarden Euro in die Kassen der Online-Versandapotheken wie Doc Morris spülen wird, so Lüder. Zum Ausgleich bekämen die Apotheken vor Ort nun die Berechtigung, ärztliche Aufgaben zu übernehmen. „Wir benötigen diese vermeintliche Unterstützung nicht. Alle Arztpraxen führen Arzneimitteltherapiesicherheitsprüfungen vor Ort durch, Blutdruckeinstellungen und Schulungen für Asthma Sprays nehmen wir in den Praxen vor.“ Selbstverständlich werden sich Lungen-, Herz – und Nierentransplantierte , Krebspatienten und auch alle anderen weiterhin von ihren Ärzten behandeln und beraten lassen – auch in Bezug auf ihre Medikamente. Und nicht am Apothekentresen.“

„Es ist ein schlechtes Ei, welches den Apotheken von ihrer eigenen Führung in Kooperation mit der Politik ins Nest gelegt wurde“, so die FÄ. Diese Politik gegen die Ärzteschaft werde sicher nicht dazu führen, dass die Kooperation von Ärzten und Apothekern vor Ort verbessert werde, ganz im Gegenteil, so Lüder.

V .i. S. d. P.: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V.,
E-Mail: mail@freie-aerzteschaft.de, www.freie-aerzteschaft.de,