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durch Klaus Lenser

 

Golimumab bessert Alltagsaktivität, Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit bei RA, PsA und axSpA

Original Titel:
A Prospective Study to Evaluate the Impact of Golimumab Therapy on Work Productivity and Activity, and Quality of Life in Patients With Rheumatoid Arthritis, Psoriasis Arthritis and Axial Spondyloarthritis in a Real Life Setting in AUSTRIA. The GO-ACTIVE Study

DGP – Wie effektiv die Alltagsbehandlung mit Golimumab Patienten mit rheumatischen Erkrankungen ermöglicht, am normalen Leben teilhaben zu können, untersuchte eine Studie in Österreich. Diese Multizentrenstudie mit Patienten mit rheumatoider Arthritis, Psoriasis-Arthritis und axialer Spondyloarthritis zeigte im Behandlungsverlauf über 24 Monate Verbesserungen von Lebensqualität, Alltagsaktivität und Arbeitsfähigkeit unter Golimumab.Die Behandlung einer chronischen, rheumatischen Erkrankung darf sich nicht nur an Schmerzfreiheit messen, sondern auch daran, wie gut Patienten wieder am normalen Leben teilhaben können. Dies umfasst somit die Alltagsaktivität, aber auch die Produktivität am Arbeitsplatz und die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Wie effektiv die Behandlung mit Golimumab diese Aspekte verbessern konnte, wurde nun in einer Studie in der Alltagsbehandlung in Österreich untersucht.

Wie effektiv bessert Golimumab Alltagsaktivität, Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit?

Diese prospektive, non-interventionelle Multizentrenstudie schloss Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA) und axialer Spondyloarthritis (axSpA) ein, die zwischen April 2016 und Mai 2020 eine Behandlung mit Golimumab begannen. 40 Studienzentren in Österreich nahmen an der Untersuchung teil. Im Rahmen der Studie wurden die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die klinische Krankheitsaktivität jeweils spezifisch für die Erkrankung ermittelt. Darüber hinaus wurden Beeinträchtigungen im Alltag mit Hilfe des WPAI (Work Productivity and Activity Impairment) erfasst. Alle Befragungen erfolgten zu Beginn der Studie sowie nach 3, 6, 12, 18 und 24 Monaten. Die Forscher untersuchten den Zusammenhang zwischen WPAI und der Krankheitsaktivität.

110 Patienten über 24 Monate nachverfolgt

233 Patienten (RA: n = 95; axSpA: n = 69; PsA: n = 69) nahmen an der Studie anfangs teil. 110 Patienten konnten über 24 Monate nachverfolgt werden. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer betrug 50,2 Jahre (+/- 14,2 Jahre). 64 % der Patienten waren Frauen. Die Krankheitsaktivität nahm im Laufe der Behandlung ab Baseline zum Monat 24 signifikant ab (p < 0,0001):

  • RA: CDAI −24,3 +/- 13,5 (CDAI maximal 76 Punkte)

  • axSpA: BASDAI −4,4 +/- 2,1 (BASDAI maximal 50 Punkte)

  • PsA: CDAI −21,7 +/- 8,5 (CDAI maximal 76 Punkte)

Die gesamte Beeinträchtigung der Arbeitsproduktivität, Beeinträchtigung der allgemeinen Aktivität und Präsentismus (Anwesenheit, jedoch mangelnde Leistungsfähigkeit) nahmen bis Monat 24 kontinuierlich im Vergleich zur Baseline in allen Indikationen ab (RA: alle p < 0,0001; AxSpA: p = 0,0117 bzw. p ≤ 0,0001; PsA: p = 0,0186; p < 0,0001; p = 0,0007).

Absentismus nahm lediglich bei RA-Patienten im Laufe der Behandlung ab (p = 0,0234). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbesserte sich ab Baseline bis Monat 24 bei allen Erkrankungen signifikant mit der Behandlung (alle p < 0,0001). Arbeitsproduktivität, Präsentismus und Beeinträchtigung der Aktivität waren im Studienverlauf stark mit der Krankheitsaktivität assoziiert.

Golimumab besserte Alltagsaktivität und Arbeitsfähigkeit sowie Lebensqualität

Die Echtwelt-Studie bestätigte somit, dass die Behandlung mit Golimumab positiv auf Alltagsaktivität und Arbeitsfähigkeit bei österreichischen Patienten mit den rheumatischen Autoimmunerkrankungen RA, PsA und axSpA einwirkte.

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TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

Wie Immunzellen der Erschöpfung entgehen

Chronische Infektionen und Krebs: T-Zell-Untergruppe entscheidend für Immuntherapie

Ein Forschungsteam hat eine neue Untergruppe von Immunzellen entdeckt, die eine bedeutende Rolle für die Immunantwort bei chronischen Infektionen und Krebs spielen. Diese T-Zell-Population ist auch entscheidend für Immuntherapien, die Checkpoint-Inhibitoren nutzen. Die Entdeckung könnte eine Erklärung dafür liefern, warum die Immuntherapie bei manchen Menschen keine Wirkung zeigt, und zur Entwicklung effektiverer Therapien für Krebserkrankungen und schwere Virusinfektionen führen.

Es ist bereits seit langem bekannt, dass schwere Erkrankungen das Immunsystem schädigen können. Dieses als Immunerschöpfung bekannte Phänomen wird häufig bei Krebspatientinnen und -patienten oder Menschen mit chronischen Virusinfektionen wie HIV oder Hepatitis beobachtet. Beeinträchtigt ist dann in erster Linie die Immunzellpopulation der sogenannten zytotoxischen T-Zellen, die bei der Eliminierung von Krebszellen beziehungsweise von Zellen, die mit einem Virus infiziert sind, von entscheidender Bedeutung sind.

Jetzt hat ein Forschungsteam um Dr. Veit Buchholz vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene an der Technischen Universität München (TUM), und Prof. Axel Kallies vom Peter Doherty Institute for Infection and Immunity der Universität Melbourne eine neuartige Zellpopulation identifiziert, die für die Bewältigung der Immunerschöpfung und Aufrechterhaltung langfristiger T-Zell-Reaktionen bei chronischen Virusinfektionen maßgeblich ist.

Wichtige Ergebnisse aus früheren Studien

In früheren Studien hatte die Arbeitsgruppe von Dr. Buchholz herausgefunden, dass bestimmte Untergruppen von Gedächtnis-T-Zellen genau wie Stammzellen über die Fähigkeit verfügen, sich selbst zu erneuern. Die Forscher verfolgten hierfür in vivo Immunantworten einzelner T-Zellen. In ähnlichen Studien hatte das Team um Prof. Kallies gezeigt, dass nicht bei allen T-Zellen während chronischer Erkrankungen eine Erschöpfung und ein Funktionsverlust auftritt. Sogenannte Vorläufer erschöpfter T-Zellen, die Tpex-Zellen, konnten ihre Funktion über einen langen Zeitraum beibehalten.

„Ein Jungbrunnen für die T-Zell-Immunität“

Die nun in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichte neue Studie kombiniere die einzigartige Kompetenz beider Labore, erläutert Dr. Carlson Tsui aus dem Melbourner Team, einer der Erstautoren. Die Arbeit konzentriere sich auf eine sehr spezielle Untergruppe von Tpex-Zellen mit dieser stammzellenartigen Funktion. „Diese Zellen sind wie ein Jungbrunnen für die T-Zell-Immunität und ermöglichen es erschöpften T-Zellen, sich zu erneuern und ihre Funktion beizubehalten“, erklärt Dr. Lorenz Kretschmer aus dem Team der TUM, ebenfalls Erstautor der Studie.

Stammzellartige erschöpfte T-Zellen

„Der Erfolg oder Misserfolg der Immuntherapie bei Krebs und chronischen Infektionen hängt von der Qualität der T-Zell-Reaktion ab. Wir waren jetzt in der Lage, die genaue Zelluntergruppe zu bestimmen, die für die Aufrechthaltung einer starken Immunantwort entscheidend ist“, sagt Veit Buchholz. Die Wissenschaftler schlugen vor, die neue Zelluntergruppe als „stammzellartige erschöpfte T-Zellen“ zu bezeichnen. „Diese Zellen agieren wie Stammzellen für die Killer-T-Zell-Population. Sie erneuern sich nicht nur selbst, sondern bilden auch zytotoxische T-Zellen, die virusinfizierte Zellen abtöten können“, erläutert Buchholz.

Das Team konnte außerdem das Schlüsselmolekül für die Entwicklung und Funktion dieser Zellen identifizieren. „Wir haben einen spezifischen Transkriptionsfaktor, Myb genannt, entdeckt, der die Entwicklung und Funktion dieser Zellen steuert“, sagt Prof. Kallies. „Ohne diesen Faktor bildet sich diese Zellpopulation nicht, und die T-Zellen, die auf die chronische Infektion reagieren, können nicht aufrechterhalten werden und sprechen kaum auf Checkpoint-Inhibition an.“ Die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren war in den letzten Jahren eine entscheidende Innovation in der Krebstherapie. „Ohne diesen Transkriptionsfaktor versagt die Immuntherapie im Grunde genommen“, sagt Kallies.

Erkenntnisse könnten zu gezielteren Immuntherapien führen

Beide Arbeitsgruppen entwickeln derzeit neue Strategien zur Nutzung dieser Zellen und hoffen, dass ihre Forschung zu besseren Immuntherapien führen wird. „Aktuell erweist sich die Immuntherapie nur bei bestimmten Krebsarten als erfolgreich und zeigt auch nicht bei allen Patientinnen und Patienten Wirkung“, sagt Kallies. „Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse über die Mechanismen der T-Zell-Stärkung die Entwicklung noch gezielterer Immuntherapien zur Behandlung chronischer Virus- und Krebserkrankungen ermöglichen werden.“

Info: Web: www.tum.de

Publikationen:
C. Tsui, L. Kretschmer, S. Rapelius, S. S. Gabriel, D.Chisanga, K. Knöpper, D. T. Utzschneider, S. Nüssing, Y. Liao, T. Mason, S. Valle Torres, S. A. Wilcox, K. Kanev, S. Jarosch, J. Leube, S. L. Nutt, D. Zehn, I. Parish, W. Kastenmüller, W. Shi, V. R. Buchholz, A. Kallies. MYB orchestrates T cell exhaustion and response to checkpoint inhibition. Nature (2022). DOI: 10.1038/s41586-022-05105-1.
https://www.nature.com/articles/s41586-022-05105-1



 

Neue DIVI Studie belegt: In Deutschland fehlen Apotheker im interprofessionellen Team der Intensivmedizin

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Die Ergebnisse einer neuen nationalen Umfrage auf deutschen Intensivstationen zeigen, dass Intensivmediziner in der interprofessionellen Zusammenarbeit mit Apothekern positive Auswirkungen auf die Arzneimittelsicherheit schwerkranker Patienten sehen. Die Teamarbeit führe außerdem zu einer Arbeitserleichterung im Medikationsmanagement hochkomplexer Therapieregime. „Im internationalen Vergleich, etwa mit den USA oder mit Großbritannien, gibt es in Deutschland allerdings noch viel Potenzial. Wir benötigen mehr Apotheker auf den Intensivstationen“, folgert Dr. Heike Hilgarth (Foto), Leiterin der Umfrage sowie Fachapothekerin für Klinische Pharmazie und Wissenschaftsreferentin beim Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) aus den Ergebnissen der Umfrage. Diese bundesweite Befragung der ärztlichen Leiter von Intensivstationen in Kliniken ist in Kooperation zwischen dem ADKA und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) entstanden. Die öffentlich zugänglichen Umfrageergebnisse veranschaulichen, wie Deutschland bei der pharmazeutischen Betreuung in der Intensivmedizin abschneidet, welche Vorteile die befragten Intensivmediziner in der Zusammenarbeit mit Krankenhausapothekern sehen und mit welchen Maßnahmen diese Entwicklung weiter gefördert werden kann.

Durch die Diskussion komplexer Patientenfälle in einem Team mit unterschiedlichen Fachexpertisen können Therapien optimiert und unerwünschte Arzneimittelwirkungen vermieden werden – was nicht nur Patienten zugutekommt, sondern auch Kosten im Gesundheitssystem reduziert. Bereits im Jahr 2010 hat die DIVI eine erste Empfehlung zur Einbindung von Apothekern zum Beispiel in Visiten herausgegeben. Diese werden nun auf Basis der Umfrageergebnisse ergänzt.

Ins Team einer Intensivstation integrierte Stationsapotheker werden sehr geschätzt

Mithilfe der Online-Umfrage wurde anhand von 27 Fragen erhoben, wie häufig Apotheker in das interprofessionelle Team einer Intensivstation eingebunden sind und welche konkreten Aufgaben sie dabei übernehmen beziehungsweise übernehmen sollten. Krankenhausapotheker waren bei 35 Prozent der Teilnehmenden fest in das Stationsteam integriert, deutlich seltener als im internationalen Vergleich. Zu den häufigsten Tätigkeiten gehören laut Umfrage das Informieren über Arzneimittel (89,7 Prozent), pharmazeutische Interventionen mit Therapieumstellung wie etwa Visiten (67,2 Prozent), das regelmäßige Evaluieren der Verordnung (65,5 Prozent) und das Überwachen hinsichtlich Nebenwirkungen, Effektivität und Kosten (63,8 Prozent). „Bei der Beurteilung des Nutzens eines Stationsapothekers zeigte sich, dass ein wesentlich größerer Anteil der Ärzte mit bereits etablierter pharmazeutischer Betreuung die Zusammenarbeit als unverzichtbar bewertet, als jene Ärzte ohne pharmazeutische Unterstützung. Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass noch zu wenig Bewusstsein darüber besteht, welche Benefits man durch die Integration des Apothekers ins Team für die eigene Intensivstation generieren könnte“, sagt Heike Hilgarth, die die Umfrage geleitet hat.

Ausblick: Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten und neue DIVI-Empfehlung

Der Arbeitsgruppe um Heike Hilgarth zufolge seien diese Ergebnisse eine wichtige Grundlage, um die Integration von Krankenhausapothekern auf deutschen Intensivstationen weiter auszubauen und um die Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit weiter zu erhöhen. „Der Bedarf ist da, die Wichtigkeit ist erkannt und jetzt ist die Politik am Zug, geeignete Finanzierungsmöglichkeiten für multiprofessionelle Teams im stationären Bereich zu finden. Es gilt, pharmazeutische Dienstleistungen und deren Finanzierung gesetzlich zu verankern und so zu verstetigen“, so Dr. Hilgarth. Ferner werden die DIVI-Empfehlungen zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen aus dem Jahr 2010 derzeit überarbeitet und sollen zukünftig ausführlicher auf die Tätigkeiten und das Ausmaß der pharmazeutischen Betreuung durch Krankenhausapotheker auf deutschen Intensivstationen eingehen. Die neuen und überarbeiteten Strukturempfehlungen der DIVI werden auf dem Kongress DIVI22 vorgestellt, der vom 30. November bis 2. Dezember 2022 in Hamburg stattfindet.
Foto: Torben Brinkema

Link zur Publikation: www.divi.de