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durch Klaus Lenser

Medizin 2021: Was an neuen Medikamenten kommen kann

Verband Forschender Arzneimittelhersteller vfa

  • 2021 sind mehr als 30 neue Medikamente zu erwarten

  • Darunter sind Impfstoffe und therapeutische Medikamente gegen Covid-19

  • Auch neue Gentherapien gegen Krebserkrankungen oder seltene Stoffwechselstörungen dürften herauskommen

Berlin (vfa). „Die forschenden Pharma-Unternehmen sind innovativ auf unterschiedlichsten Gebieten der Medizin. Für 2021 sind insbesondere neue Medikamente gegen Covid-19 und verschiedene Krebsarten zu erwarten, aber auch mehrere neue HIV-Medikamente und Antibiotika. Auch für Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose, angeborenen Stoffwechselstörungen und vielen anderen Krankheiten dürfte es neue Behandlungsmöglichkeiten geben.“ Das sagte vfa-Präsident Han Steutel am 3. Jan. in Berlin.

Diese Einschätzung stützt sich auf die in der EU beantragten oder kürzlich erteilten Zulassungen für neue Medikamente sowie die beschleunigten Entwicklungsprogramme für Covid-19-Medikamente. Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) rechnet auf dieser Basis damit, dass Unternehmen 2021 mehr als 30 Medikamente mit neuem Wirkstoff in Deutschland herausbringen; 2020 waren es 32.

Gegen Infektionskrankheiten

Die Entwicklungsarbeit in bisher nie gesehener Intensität gegen Covid-19 dürfte 2021 zur Einführung weiterer Impfstoffe wie auch therapeutischer Medikamente führen. Die in einigen dieser Medikamente enthaltenen Antikörper können entweder die Viren bekämpfen oder aber bei schwer erkrankten Patientinnen und Patienten das Immunsystem bremsen, wenn es überreagiert.

Neue Medikamente könnten aber auch gegen HIV-Infektionen herauskommen – insbesondere für Patienten, deren bisherige Therapie durch Resistenzentwicklung der Viren ihre Wirksamkeit verloren hat.

Außerdem könnten mehrere neue Antibiotika verfügbar werden, die auch bei Bakterien mit Resistenzen gegen ältere Medikamente wirksam sind. Hinzu kommen dürfte noch ein Mittel gegen Milzbrand, das Antikörper enthält. „Solche Medikamente sind wichtige Beiträge der Unternehmen zur Überwindung des wachsende Resistenzproblems. Gegen andere resistente Keime werden aber noch Lösungen benötigt, auch um sich gegen mögliche weitere Pandemien zu wappnenInsgesamt dürften die Medikamente gegen Infektionskrankheiten ein Viertel oder mehr der Neueinführungen von 2021 ausmachen – ein seit vielen Jahren nicht mehr erreichter Spitzenwert!

Gegen Krebserkrankungen

Ein weiteres Viertel der neuen Medikamente 2021 dürfte gegen unterschiedliche Krebserkrankungen gerichtet sein. Damit dürften unter anderem zwei neue CAR-T-Zell-Therapien ermöglicht werden. Bei diesen werden patienteneigene Immunzellen im Labor gentechnisch so ausgerüstet, dass sie nach Rückführung in den Körper die Tumorzellen bekämpfen können – in vielen Fällen noch jahrelang. Die neuen CAR-T-Zell-Therapeutika sollen Patienten mit Mantelzelllymphom oder Multiplem Myelom weitere Behandlungsmöglichkeiten bieten.

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Zudem dürften schon früher eingeführte Krebsmedikamente weitere Anwendungsgebiete dazu bekommen und so das therapeutische Sortiment erweitern.

Seltene Stoffwechselstörungen

Tausende angeborene Stoffwechselstörungen sind bis heute nicht ursächlich behandelbar. 2021 soll sich das durch Medikamente unter anderem für Patienten mit Cushing-Syndrom (Hormonstörung), Hyperoxalurie Typ 1 (Oxalsäure-Überproduktion), Hutchinson-Gilford-Progerie (beschleunigte Alterung) und den Leptin-Rezeptor- und Proopiomelanocortinmangel (der zu starkem Übergewicht führt) bessern.

Für Patienten mit metachromatischer Leukodystrophie oder angeborenem Mangel an L-Aminosäuren-Decarboxylase könnten Gentherapien verfügbar werden. Wie bei anderen Gentherapien auch sollen sie mit dem Ziel eingesetzt werden, durch eine einmalige Behandlung die Situation der Behandelten nachhaltig zu verbessern.

Alle diese Medikamente haben von der EU den Orphan Drug-Status erhalten, weil sie eine wesentlich verbesserte Behandlungsmöglichkeit für die betreffende seltene Krankheit in Aussicht stellen. Ob das der Fall ist, wird stets vor der Zulassung nochmals eingehend geprüft.

Gegen weitere Erkrankungen

Zum breit gefächerten Spektrum neuer Medikamente von 2021 könnten auch Mittel gehören, die mit einem neuen Wirkprinzip gegen schwere Depression oder überhöhten Cholesterinspiegel eingesetzt werden können. Auch zur Dauertherapie von Multipler Sklerose und für die Kurzzeitnarkose könnten neue Arzneimittel herauskommen.

Weitere Informationen

Disclaimer

Diese Pressemitteilung enthält in die Zukunft gerichtete Aussagen, die auf laufenden und abgeschlossenen Zulassungsverfahren für neue Medikamente oder Phase-III-Studienprogrammen beruhen. Doch weder Dauer und Ausgang der klinischen Studien und Zulassungsverfahren noch die Termine kommender Markteinführungen lassen sich verbindlich angeben. Auch andere bekannte wie auch unbekannte Ungewissheiten und andere Faktoren können dazu führen, dass der tatsächliche Fortgang der Ereignisse wesentlich von den hier gegebenen Einschätzungen abweicht. Der vfa und seine Mitgliedsunternehmen übernehmen keinerlei Verpflichtung, solche zukunftsgerichteten Aussagen fortzuschreiben und an zukünftige Ereignisse oder Entwicklungen anzupassen. Die Angaben erheben auch für keinen Zeitpunkt den Anspruch auf Vollständigkeit.

Pulverabenteuer in der Diabetes-Diagnostik gefährdet Patientensicherheit

Diabetologen und Apotheker fordern die Kostenübernahme von qualitätsgesicherter Glukose-Fertiglösung

Der orale Glukosetoleranztest (oGTT) ist von großer Bedeutung für die Diabetes-Diagnostik. Er kommt sowohl in Kliniken, Diabetes-Schwerpunktpraxen als auch in vielen Hausarzt- und gynäkologischen Praxen regelmäßig zum Einsatz. Industriell hergestellte Glukose-Fertiglösungen werden jedoch von den gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr durchgängig erstattet – sie sind ab diesem Jahr auch nicht mehr verfügbar. Praxen und Kliniken müssen die Glukoselösung selbst anmischen, wodurch das Risiko für Ungenauigkeiten und Verunreinigungen steigt.

Um Patientinnen und Patienten weiterhin eine optimale diagnostische Sicherheit zu gewährleisten hat die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) in einem Positionspapier eine standardisierte Rezepturvorschrift nach neuesten Erkenntnissen mit einer definierten Zusammensetzung vorgeschlagen.1 Um diese schnellstmöglich flächendeckend für die Durchführung des oGTT zur Verfügung stellen zu können, fordert die DDG eine bundeseinheitliche Regelung zur Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen (Kostenträger).

In Deutschland wurden bisher jedes Jahr etwa eine halbe Million Glukose-Fertiglösungen für den oGTT-Belastungstest verkauft. Hinzu kommen schätzungsweise einige hunderttausend Glukoselösungen, die von Apotheken, Praxen oder Kliniken selbst angefertigt werden. „In der Diabetes-Diagnostik besteht ein großer Bedarf an Glukose-Lösungen“, berichtet Professor Dr. rer. nat. Lutz Heinemann, Vorsitzender der Kommission „Labordiagnostik in der Diabetologie der DDG & DGKL“. Umso wichtiger sei es, dass diese qualitätsgesichert hergestellt werden und zuverlässige Ergebnisse liefern. Davon hängt die Gesundheit von jährlich hunderttausenden Patienten ab. „Besonders wichtig ist eine sichere Durchführung dieses diagnostischen Tests beim Screening auf Schwangerschaftsdiabetes (GDM), um Mutter und ungeborenes Kind nicht zu gefährden“, so Heinemann.

Das letzte Fertigarzneimittel ist inzwischen außer Handel und nur noch begrenzt verfügbar. Daher gilt es, die reibungslose Versorgung mit einer qualitätsgesicherten Glukoselösung sicherzustellen. In einem kürzlich veröffentlichten Positionspapier hat die DDG die Problematik dargelegt und einen Vorschlag für die standardisierte Herstellung einer zuverlässigen Glukose-Lösung durch die Apotheken nach dem Deutschen Arzneimittel-Codex gemacht.1 „Wir haben damit die Weichen für eine sichere Umstellung von einem industriell hergestellten Glukose-Präparat auf eine gleichwertig manuell herzustellende Lösung gestellt. Es ist jedoch notwendig, diesen Mehraufwand, der in Apotheken und Praxen entsteht, mit einem kostendeckenden Preis zu honorieren“, fordert der Mitverfasser des Positionspapiers Manfred Krüger. Er ist Apotheker und Mitglied der Kommission „Apotheker in der Diabetologie“ (BAK/DDG).

Die DDG setzt sich daher für eine grundsätzliche Überprüfung der bestehenden Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen hinsichtlich der Erstattung der oGTT-Glukoselösung ein. „Nur so können wir den standardisierten Rezepturvorschlag in der Breite nutzbar machen und vermeiden, dass die Lösungen in Eigenregie hergestellt werden und schlimmstenfalls zu falschen Diagnosen und schweren Zwischenfällen führen“, betont Dr. med. Nikolaus Scheper, Vorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Diabetologen e.V. (BVND). Denn als pragmatische Alternative werde vielfach Glukosepulver in der Praxis selbst abgewogen und mit Wasser aufgelöst oder eine von der lokalen Apotheke per Rezepturverordnung oder -anforderung hergestellte Glukoselösung eingesetzt. „Die Herstellung in der Praxis ist potenziell mit Qualitätsproblemen behaftet, die wir in früheren Stellungnahmen2 dargelegt haben“, ergänzt Heinemann.

Seit Jahren weist die DDG auf den durch die Selbst-Anmischung erhöhten organisatorischen Aufwand für die Behandelnden und insbesondere auf gesundheitliche Risiken für die Patientinnen und Patienten hin. „Wir brauchen endlich eine standardisierte und bundeseinheitliche Regelung zur Erstattung der Kosten für diese Glukoselösung durch alle Krankenkassen, um die Behandelnden zu entlasten und unseren ärztlichen Versorgungsauftrag auf wissenschaftlich gesicherter Grundlage zu gewährleisten“, sind sich die Experten einig.

Literatur:

1Positionspapier zur Herstellung einer oGTT-Lösung für die Diagnose eines Diabetes einschließlich eines Gestationsdiabetes: Analyse und Vorschläge zur Herstellung https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/politik/stellungnahmen/addendum-zum-gemeinsamen-positionspapier-zur-herstellung-einer-ogtt-loesung-fuer-die-diagnose-eines-diabetes-einschliesslich-eines-gestationsdiabetes-analyse-und-vorschlaege-zur-herstellung

Der Vorschlag für die Herstellung der Glukoselösung ist auch im Rezepturenfinder in der DAC/NRF-Plattform auch für Ärzte kostenlos abrufbar: https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=arzt

2Herstellung der Glukoselösung für einen oralen Glukosebelastungstest: Stellungnahme der AG Diabetes & Technologie der DDG (AGDT), der AG Diabetes & Schwangerschaft (AGDS) und der Kommission Labordiagnostik in der Diabetologie der DDG und DGKL
https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/politik/stellungnahmen/herstellung-der-glukoseloesung-fuer-einen-oralen-glukosebelastungstest-stellungnahme-der-ag-diabetes-technologie-der-ddg-agdt-der-ag-diabetes-schwangerschaft-agds-und-der-kommission-labordiagnostik-in-der-diabetologie-der-ddg-und-dgkl