Home Newsletter Wissenschaftliche Datenlage zur Wirkung von phenolischen Substanzen.

Wissenschaftliche Datenlage zur Wirkung von phenolischen Substanzen.

durch Klaus Lenser

Ein wissenschaftlicher Überblick –

Die chemischen Stoffe treten überwiegend in den Schalen von Früchten auf und dienen der Pflanze z. B. als Farbstoff oder Schutz. In alkoholischen Getränken sind sie vor allem in Wein vorzufinden. Während in Rotwein mehr Polyphenole (Verbindungen mehrerer Phenole) wie Resveratrol anzutreffen sind, ist Weißwein reich an weniger komplexen Phenolen wie Kaffeesäure, Tyrosol und Hydroxytyrosol.

Studien belegen, dass sich Phenole günstig auf die menschliche Gesundheit auswirken können.

Folgende Eigenschaften der Weinphenole gelten als belegt:

  • Sie wirken antioxidativ, neuroprotektiv und entzündungshemmend,

  • normalisieren den Blutzucker,

  • verbessern die Gefäßendothelfunktion und

  • hemmen die Blutplättchenaggregation.

Resveratrol

Resveratrol ist einer der am besten untersuchten Weininhaltsstoffe. Gemeinsam mit anderen Polyphenolen und deren Stoffwechselprodukten kommt ihm bei vielen der herz- und gefäßschützenden Effekte des moderaten Weinkonsums eine besondere Bedeutung zu. Es wird allerdings nur in geringem Umfang ins Blut aufgenommen. Seine gefäßschützende Wirkung erfolgt auch direkt über die Beeinflussung der Darmflora. 

So wiesen z. B. Probanden in einer spanischen Studie nach dem täglichen Genuss von 250 ml Rotwein nach vier Wochen eine vielfältigere Darmflora auf als diejenigen, die in diesem Zeitraum keinen Wein tranken. Es vermehrten sich vor allem solche Mikroben, die Polyphenole verstoffwechseln können und sie so dem menschlichen Organismus besser zugänglich machen. Der regelmäßige Genuss von Wein scheint zu einer Anpassung der Darmflora an die Verarbeitung von Weininhaltsstoffen zu führen.

Polyphenole können über ihre gefäß- und herzschützende Wirkung hinaus den Stoffwechsel optimieren. Das zeigt eine aktuelle japanische Studie, bei der nach der Gabe von Resveratrol und weiteren Polyphenolen die Bildung des zellulären Schutzstoffes SIRT1 in den weißen Blutkörperchen der Probanden vervielfacht wurde. Je mehr SIRT1hergestellt worden war, um-so geringer war die Insulinresistenz der Teilnehmer ausgeprägt. Der HOMA-Index, die Kennzahl für Insulinresistenz, sank signifikant.

Hydroxytyrosol

Gut untersucht ist auch das in Wein und nativem Olivenöl enthaltene Phenol Hydroxytyrosol. Es verhindert die Oxidation des LDL-Cholesterins und trägt so zur Gefäßgesundheit bei. Eine Beobachtungsstudie an knapp 2.000 Teilnehmern der PREDIMED-Studie zeigte erstmals, dass eine vermehrte Aufnahme dieses Phenols nicht nur Risikofaktoren wie das Cholesterin verbessert. Eine höhere Ausscheidung, insbesondere seines Abbauproduktes Homovanillyl-Alkohol (HVAL), ging auch mit geringeren Krankheitsraten und Sterbefällen aufgrund von Herz- und Gefäßleiden einher. Darüber hinaus fand sich ein Trend zur verminderten Gesamtsterblichkeit.

Das bedeutet nicht, nun möglichst viel Wein zu trinken. Denn die Verzehrmengen, die in der PREDIMED-Studie mit positiven Effekten einhergingen, bewegten sich überwiegend im moderaten Bereich. Wieviel HVAL aus den Wein- und Olivenphenolen im Körper entsteht, hängt zudem mit der Aktivität des Enzyms COMT (Catechol-O-Methyltransferase) zusammen, das genetisch vorbestimmt ist.

Rot oder weiß? Weniger entscheidend als gedacht

Die vielen Inhaltsstoffe des Weines sind jedoch im Hinblick auf ihre Wirkung nicht einzeln zu betrachten, da sie diese offenbar zusammen entfalten. Beim (moderaten) Genuss alkoholischer, phenolreicher Getränke addieren sich die positiven Wirkungen der Phenole zudem mit denen des Alkohols, wie z.B. einem Anstieg des „guten“ HDL-Cholesterins. Darüber hinaus scheinen die schützenden Effekte des Weines nicht von seiner Farbe abzuhängen. Zwar enthält Rotwein rund zehnmal so viele phenolische Verbindungen wie Weißwein. Einer aktuellen griechischen Studie zufolge entfalten jedoch Extrakte aus Weißwein teilweise sogar stärkere Effekte als jene aus Rotwein. Sowohl Weiß- als auch Rotwein liefert damit biologisch potente Begleitstoffe zur Vorbeugung von Herz- und Gefäßkrankheiten. 

(1) Quellen

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Erstellt am 22.12.2020
Wissenschaftlicher Überblick Phenolische Substanzen

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