Die aktuelle Kolumne von Frau Dr. Hammer zum Thema Älterwerden und den damit einhergehenden Gewichtsveränderungen. Was das mit Wein zu tun hat, erfahren Sie in dieser Kolumne.
Wein macht dick? Muss nicht sein. Was Weingenuss und Wechseljahre miteinander zu tun haben.
Jahrelang genutzte Hosen passen nicht mehr. Die Kinder kommentieren kritisch meine erweiterte Körpermitte. Auch wenn ich noch so unkritisch in den Spiegel schaue, die schamhaft verschwiegenen Wechseljahre zollen ihren Tribut. Und das Gläschen Wein am Abend ebenso. Denke ich, bevor ich den Vortrag der Ernährungsexpertin von der Universität Barcelona höre.
Sie macht deutlich, dass die Gewichtszunahme in den Wechseljahren nicht am Wein, sondern an dem sinkenden Grundumsatz und der geänderten hormonellen Lage liegt. Komplizierte Hormonsignale zwischen Ovarien und Gehirn und wieder zurück, sind die Ursache für die veränderte Körpersilhouette fast jeder über 50-Jährigen. Der Östrogenspiegel sinkt, Testosteron bleibt gleich und damit auch (sorry) die zunehmend bauchbetonte Verschiebung Richtung Mann. Und die kann man nun mal nicht ändern.
Aber was man ändern kann, ist die „Innenansicht“, die Risiken, die das zunehmende Körpergewicht zwangsläufig bedingen: Verstärkte Insulinresistenz, höheres LDL-Cholesterin, geringeres HDL – alles erwiesene Risikofaktoren für gefährliche Herz-Kreislauferkrankungen, die oft im Herzinfarkt münden. Die eigenen Untersuchungen der spanischen Professorin zeigen deutlich, dass leichter bis moderater Weinkonsum gerade für Frauen in den Wechseljahren nicht kontraindiziert ist, im Gegenteil. Und das erklärt sie auch exzellent.
Polyphenole und Ernährung spielen eine große Rolle
Man (Frau) profitiere ganz klar von den reduzierten kardiovaskulären Risikofaktoren und der gesünderen Darmflora. Und das liege in erster Linie an den Polyphenolen, die im Wein zwar nur etwa 0,1 Prozent der Inhaltsstoffe ausmachen, sich aber in einer günstigen Matrix befinden und besonders effektiv sind. Wenn dazu noch phenolische Substanzen aus einer vorwiegend pflanzlichen Ernährung nach mediterraner Art kommen, ist dies eine gute Grundlage für ein optimales Gewichtsmanagement. Das verdeutlichte die Professorin mit eigenen Daten: Diejenigen mit der höchsten Polyphenolaufnahme wiesen eine höhere Insulinsensitivität sowie niedrigere gefährliche LDL-Cholesterinspiegel auf und hielten ihr Gewicht stabil. Dies läge auch an den nachgewiesenen erhöhten Werten des Fettgewebshormons Adiponektin, das u.a. die Wirkung des Insulins an den Fettzellen moduliert. So haben Übergewichtige einen niedrigen Adiponektin-Spiegel, was die Wirkungen von Insulin abschwächt und über die Vorstufe des Metabolischen Syndroms oft zu Diabetes im Alter führt. Die aufgezeigte Wirkungskette klingt überzeugend. Allerdings betont sie auch, dass diese ineinandergreifenden Regelmechanismen nicht nur den Polyphenolen im Wein geschuldet sind, sondern der „gesunde“ Kontext eine übergeordnete Rolle spiele, in erster Linie die pflanzenbetonte Ernährung, aber auch ausreichend Bewegung und der Verzicht auf das Rauchen.
Das alles lässt mich munter alt werden – auch mit ein paar Pfund (aber nicht vielen Kilos) mehr auf den Rippen. Und die Tatsache, dass wir bald eine Kalorienangabe auf dem Weinetikett finden, bringt mich gar nicht aus der Ruhe …
Grafik: WineTime, A. Hammer
Dieser Beitrag wurde am 21. 7. d .J. veröffentlicht von der Deutschen Weinakademie (DWA) www.deutscheweinakademie.de