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Lhasa – Erinnerungen – Tibet

Vergangenheit, Moderne und gutes Essen auf dem Dach der Welt

durch Klaus Lenser
Tibet

Bruno Gerding

Corona hat die Welt, hat unser Leben verändert. Für das Fernweh gibt es seit nun gefühlt sehr langer Zeit keine „Erlösung“, – überall nur Beschränkungen oder gar keine Perspektive für Reisen.

Ich habe eine besondere Vorliebe für Asien und wäre schon längst wieder auch nach China gereist. Aber dort hat die Angst vor Corona eine „neue chinesische Mauer“. Ausländer dürfen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht mehr ins Land.

Da darf und sollte man Erinnerungen aufgreifen, z. B. an die letzte Reise durch Tibet. Mit einem Zwischenstopp in der atemberaubend gigantischen Industriestadt Chengdu haben wir begonnen und staunend im Park vor den vielen schwarz-weißen und den kleinen roten Pandas gestanden. Wenn hierzulande ein oder zwei Pandas eine absolute Sensation für einen Zoo bedeuten, gibt es diese vertraulich wirkenden Tiere dort in großer Vielfalt.

Wir fliegen in die Hauptstadt von Tibet und landen auf dem eng auf 3.750 m Höhe von Bergen gesäumten Flughafen von Lhasa – Gonggar. Eine abenteuerlich schöne Ankunft! Die Reise geht quer durch das Land mit seiner gigantischen Natur, hohen Bergpässen, Wanderdünen und Gletschern. Extreme und häufige Unwetter sorgen immer wieder dafür, dass ganze Straßen für kurze Zeit weggespült werden. In kürzester Zeit wird alles perfekt neu aufgebaut, was wir selbst gleich zweimal erleben durften. Wir stehen vor dem freundlich winkenden Panchen Lama und treffen auch viele Menschen. Wir sehen, dass ganze Dörfer aufgebaut werden mit Schulen und Gesundheitszentren überall. Eine Krankenversicherung ist allgemein verbindlich. Es ist uns erlaubt bis in das Basislager zum Mount Everest zu steigen und stehen staunend auf einem der 5.000 m hohen Rastplätze. Die Pracht alter Tempel überwältigt uns. Die Amtseinführung eines neuen Abtes war der emotionale Höhepunkt, den wir ganz zufällig erleben durften. Und ja, der charismatische Mann war für uns auch ansprechbar.

Ein neuer Abt nach der Wahl auf dem Weg zum Kloster
Ein neuer Abt nach der Wahl auf dem Weg zum Kloster

Pracht alter Tempel überwältigt uns. Die Amtseinführung eines neuen Abtes war der emotionale Höhepunkt, den wir ganz zufällig erleben durften. Und ja, der charismatische Mann war für uns auch ansprechbar.

Die Hauptstadt Lhasa ist mit ihren historischen Tempeln und Gebäuden dann ganz anders. Sie ist groß, modern und – chinesisch. Hier konnten wir den Kontrast in den letzten beiden Tagen unserer Reise beeindruckend erleben.

Die Aussichten erscheinen trübe, als wir um 9 Uhr den Bus besteigen, um in das 15 Kilometer vor der Stadt liegende Kloster Drepung zu fahren. Es liegt hoch auf dem Berg und hatte seine Bedeutung als Sitz des Dalai Lama bis vor rund 1.300 Jahren, bis es von einem in der Ebene errichteten prächtigen neuen Tempel abgelöst wurde, dem Jokhang Tempel.

Diesen erreichen wir nach dem Mittagessen bei strahlendem Sonnenschein. Da wird es richtig heiß und von Regen gibt es keine Spur mehr. Auch hier Massen von Pilgern und Touristen. Es wird allenthalben gespendet ohne Ende. Viele Mönche sind nur damit beschäftigt, das Geld aus den Opferstöcken und von den vielen Figuren zu sammeln und zu zählen. Eine besondere Führung erhalten Gruppen, die Gold mitgebracht haben, mit dem die Statuen regelmäßig eine üppige Auffrischung bekommen.

Rund um den Tempelbezirk führt eine mit prächtigen Gebäuden gesäumte Marktstraße. Ein Geschäft reiht sich an das andere. Menschenmassen bewegen sich zähflüssig in bunter Vielfalt. Man lässt sich gerne treiben, denn es herrscht eine fröhliche Stimmung.

Leider fehlt die Zeit, in den zur Straße hin ganz offenen und erst in der Nacht durch Rollgitter geschlossenen Geschäfte zu stöbern. Aber vielleicht sollten wir hier auch nicht kaufen, wo alles erkennbar auf Pilger und Touristen ausgerichtet ist.

Restaurant „House of Shambala“
Restaurant „House of Shambala“
Blick in den Himmel – House of Shambala
Blick in den Himmel – House of Shambala

Weil kein gemeinsames Essen für den Abend vorgesehen ist, biete ich an, einer Empfehlung aus dem Reiseführer zu folgen und das HOUSE OF SHAMBALA in der Nachbarschaft aufzusuchen. Sechs Leute machen trotz des strapaziösen Besichtigungsmarathons mit. Auf dem Weg zum Hotel werfen wir einen kurzen Blick hinein und sind begeistert. Worte können das Aussehen und die Gestaltung dieses winzig kleinen Hauses (10 Räume) und Restaurants nicht ausreichend loben und beschreiben.

Wir treffen uns auf der obersten von zwei Dachterrassen inmitten bunter tibetanischer Dekoration mit einheimischem Bier und einer Flasche Weißwein. Die Sonne strahlt, inzwischen ist es heiß. Die klare Luft ermöglicht einen beeindruckenden Blick auf die Berge. Zum Essen gehen wir ins Erdgeschoss und entscheiden uns dazu, im Innenhof zu sitzen. Der Blick geht nach oben in den blauen Himmel. Die Temperatur ist hier unten angenehm kühl.

Die wie oft im Ausland üblich gestaltete Speisekarte mit Bildern und englischen Texten hilft die richtige Wahl zu treffen. Die Gerichte sind überwiegend lokal, also tibetanisch ausgerichtet, haben aber prägnante und teilweise witzige Namen. So gibt es z. B. – Princes Bhrituti‘s Curry Coconction – Maditating Master‘s Mulligatawny – Explorer Roerich‘s Russian Goulash. Ich nehme ebenso wie zwei andere im Gedenken an unsere 5/8 Himalayabesteigung – Sir Edmund Hilary‘s Himalaya Steak.

Auch Yak Tika (Geschnetzeltes vom Yakrind) und Lamm nach Nomadenart kommen auf den Tisch, schließlich noch eine Pizza India.

Schmackhafte Vielfalt im Dachrestaurant des Rhasa Hotel
Schmackhafte Vielfalt im Dachrestaurant des Rhasa Hotel
Bild Essen 4

Tigure Dolkar heißt der Herr des Hauses. Ihm gilt unser Dank auch dafür, dass er die Rückseite der Weinflasche mit einem lebensbejahenden Vers des 6. Dalai Lama Tasangyang Gyatso (1683 – 1706) – eines großen Poeten – geschmückt hat. Der soll sich des öfteren aus dem Regierungssitz Potala Palast abgesetzt haben, um mit schönen Frauen in den Teehäusern zu trinken und zu singen. Der Schluss des hier zitierten Gedichts lautet: So if we drink such wine with a sacred vow we shall never have to taste the waters of bitterness.

Lhasa hat unter Einbeziehung des Umlandes 480.000, die Stadt selbst etwa 180.000 Einwohner. Davon sind aktuell (noch) 70 % Tibeter. Das wird sich bald ändern. Denn die Zentralregierung hat eine Steigerung der Bevölkerung in Großlhasa auf zukünftig eine Million Einwohner fest eingeplant.

Neue Stadtviertel präsentieren sich wie im Schnellgang (aber hochwertig) vom Reißbrett errichtet. Ein 8-Stockwerk-Haus reiht sich an das nächste entlang von breiten Straßen. Der Verkehrsfluss ist mit eingeplant.

Die architektonische Vielfalt und die kreative Gestaltung sind dabei leider auf der Strecke geblieben. Schade, denn gerade Chinesen können auf diesem Gebiet doch eine ganze Menge. Man denke nur an Shanghai.

Wer es sich leisten kann, hat die Möglichkeit, Immobilien zu erwerben. Neubauwohnungen, erstellt in den Größen von etwa 45 m² bis 140 m², kosten aktuell im Schnitt um 800 € pro m².

Wo die große Zahl der Neubürger Arbeit finden soll, konnten wir nicht erfahren. Offizielle Arbeitsmarktpläne sind nicht öffentlich. Man muss wissen, dass hier in Tibet der normale Arbeitnehmer schon mit 45 Jahren in Rente geht – und dass bei 80 % seiner letzten Bezüge. Regierungsangestellte bleiben fünf Jahre länger im Dienst. Da kann man noch lange gut mit dem traditionellen Gruß THASHI DILEK („Glück und Wohlstand“) leben.

Wir fahren zunächst zum Potala-Palast. Das ist ein riesiger und eindrucksvoll auf einer Anhöhe über der Stadt weithin sichtbarer Prachtbau der Regierenden aus dem 7. Jahrhundert. Wegen des permanent großen Andrangs dürfen Besuchergruppen nur in Einheiten von maximal 14 Personen durch die dreifachen Sicherheitskontrollen. Die Besuchszeiten sind auf den Eintrittskarten streng vorgeschrieben. Wir müssen uns zum Schluss schon beeilen, um rechtzeitig wieder den Ausgang zu passieren.

Von der ersten Treppenstufe bis an die Spitze zu den wertvoll mit Tonnen von Gold ausgestatteten Begräbniskapellen früherer Dalai Lamas ist ein Höhenunterschied von 150 m zu überwinden. Und das alles über die vielen Treppen, die sich außen am Palast so malerisch nach oben winden. 3.720 m Höhe erreichen wir mit einer Kondition, an die wir vorher nicht geglaubt hätten.

Nach dem Mittagessen wächst der Wunsch, noch einmal etwas gastronomisch Besonderes zu finden. Deshalb suche ich anschließend nach einem Restaurant mit Dachterrasse für das Abschiedsessen. Am nächsten Tag fliegen wir wieder nach Chengdu, von wo aus es nach einem Zwischenstopp weiter nach Hause geht.

Bei der zweiten Adresse werden wir fündig. Das Rhasa Hotel liegt in der Altstadt neben der zentralen Einkaufs-und Besucherstraße. Es sind hauptsächlich Pilger, die das Straßenbild bestimmen.

Wir steigen in den 4. Stock und finden uns auf einer stylish möblierten Terrasse ein. Sitzgruppen für drei Personen aus grauem Geflecht, ausgelegt mit roten Polstern und Kissen sowie einem hochklappbaren Bügelüberwurf aus hellem Leinen sind gegenübergestellt mit einem länglichen Glastisch in der Mitte. Darüber hängt noch ein großer und schwenkbarer Sonnenschirm aus Leinen.

Für uns habe ich direkt an der Balustrade mit Blick auf Kloster und Palast reserviert. Wir sind begeistert und werden von der akkurat gekleideten und top agierenden Servicemannschaft freundlichst empfangen. Natürlich wird nur mit Mundschutz – hier mit schwarzer Maske! – und Handschuhen aus Plastik bedient.

Wir bestellen Variationen von Gerichten und genießen den lauen Abend in dieser stimmungsvollen Umgebung. Für die hiesigen Verhältnisse ist die Gesamtleistung schon luxuriös. Und das umgerechnet für rund 20 € pro Person einschließlich Trinkgeld.

Palast und Tempel sind stimmungsvoll beleuchtet. Da öffnen sich die Herzen!

In der lauen Abendluft schlendern wir noch einmal durch die Händlerstraßen. Dort herrscht auch nach 21:00 Uhr ein reges Treiben. Einen schönerer Abschied dieser erlebnisreichen Reise durch Tibet ist kaum vorstellbar.

Fotos: Bruno Gerding

House of Shambala
No.7 Jiri Erxiang
Lhasa. Tel.: 0891 – 6326533

Rhasa Hotel (Boutique Hotel)
Tel.: 0891-6406222
E-Mail: dazhen@rhasahotel.com