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Kanton Freiburg / Fribourg in der Westschweiz

 Wo kulturelle Vielfalt die Lebensqualität erhöht

durch Klaus Lenser
Fribourg

Gour-med

Die Region Fribourg in der Westschweiz pflegt ihr kulturelles Erbe und die Traditionen des Kantons. Sich mit seiner Herkunft zu identifizieren bedeutet Geschichte leben und erleben. Das ist für die Menschen im Kanton Freiburg, dem Teil der Schweiz, wo das Französische mit dem Deutschen eine Symbiose des gesellschaftlichen Zusammenhalts bildet und die Grundlage einer kulturellen Vielfalt ist, wie man sie selten findet.

Allein in Fribourgs Altstadt gibt es über 200 gotische Fassaden zu bewundern. Hier kommt einem schnell mal der Gedanke, im Mittelalter gelandet zu sein. Das Wahrzeichen der Stadt – die St. Nikolaus Kathedrale – mit dem 74 m hohen Aussichtsturm ist einen längeren Besuch wert. Sehr schöne, gut erhalten Fresken und religiöse Symbole und das von dem polnischen Künstler Jozef Mehoffer gestaltete Kirchenfester gehören zu den bedeutendsten Kunstwerken Europas.

Die längste, ca. 900 Meter lange, noch existierende Befestigungsmauer der Schweiz findet sich in Fribourg zwischen Bollwerk, Murtentor und dem Garten der pädagogischen Hochschule. Ein Spaziergang über die Mauer, von Turm zu Turm, bietet abwechslungsreiche Aussichten und Perspektiven auf das alte und moderne Freiburg. Die Sehenswürdigkeiten in Verbindung mit der ausgeprägten Gastfreundschaft der Freiburger sind ein Grund, warum jedes Jahr viele Touristen die Stadt und Region besuchen. 12 unterschiedliche Museen, vom Naturhistorischen Museum, Museum für Kunstgeschichte bis hin zum Gutenberg Museum laden ein, sich mit der Stadtgeschichte und die der Region vertraut zu machen. Wer dem Trubel in den Gassen entfliehen möchte, unternimmt einen entspannenden Spaziergang am Ufer der Saane. Um noch detaillierter in die Geschichte der Stadt einzutauchen, empfiehlt es sich an einer der vielen angebotenen Führungen teilzunehmen.

Fribourg ist kulinarisch hervorragend aufgestellt. In allen Stadtteilen findet man hervorragende Restaurants, die mit Produkten aus der Region die Gäste verwöhnen. Viele sind von den renommierten Gastroführern ausgezeichnet. Lassen Sie sich einfach treiben und entdecken Sie selber eines von den vielen kleinen Bistros die am Weg liegen.

Der Einfluss französischer Kochtradition ist in fast allen Restaurants und Bistros zu schmecken. Wie allgemein bekannt gehört die Küche des Nachbarlandes zu den besten in Europa.

Ein wichtiges Stück Schweizer Geschichte wurde in dem Städtchen Murten, oberhalb des gleichnamigen Sees gelegen, geschrieben. 1476 ist Murten Kriegsschauplatz zwischen dem burgundischen Heer, angeführt von Karl dem Kühnen und den Eidgenossen. In einer perfekt gemachten Multimediaschau im Museum Murten wird transparent und fast originalgetreu die Geschichte dieser für ganz Europa bedeutenden Schlacht gezeigt. Die Schlacht bei Murten, wie sie in den Geschichtsbüchern genannt wird, war entscheidend für die Aufteilung der Kantone.

Murten im 11. Jh. als Festung gegründet und ab 1228 freie Reichsstadt und großes Handelszentrum war ein Zentrum der Macht. Wer hier regierte und verwaltete, gestaltete die Entwicklung der Region, hatte Einfluss und Geld. Die Kämpfe um die Macht haben die Stadt bis heute geprägt.

Das Berntor, Durchgang zur Altstadt Murten
Das Berntor, Durchgang zur Altstadt Murten

Durch das Berntor, in der zum Teil noch erhaltenen Stadtmauer, betritt man die Altstadt und ist erstaunt über die gut restaurierten mittelalterlichen Gebäude. Die Hauptgasse mit den wunderschönen Laubengängen verzaubert die Besucher. Wenn jetzt noch eine Postkutsche um die Ecke biegen würde wäre das Bild komplett. In den Laubengängen verbergen sich kleine Geschäfte und Restaurants die ihre Waren gut und regensicher präsentieren.

Dass hier in den engen Gassen mit der beliebten Außengastronomie noch reger Autoverkehr herrscht und ausgewiesene Parkplätze vorhanden sind, ist verwunderlich und passt nicht mehr in die Zeit des Klimaschutzes. Schade, wenn die entzückende, sehenswerte historische Altstadt autofrei wäre, könnten Besucher gefahrenfrei hier bummeln.
Bei einem, empfehlenswerten Rundgang über die sehr gut erhaltene Befestigungsanlage entdeckt man immer wieder neue Perspektiven beim Blick über die Dächer. Schon vor Jahren hat man hier Antennen und SAT-Schüsseln auf den Dächern verboten und so stört nichts den Ausblick auf die Stadt, den See und die herrliche Landschaft. Eine weitere, auch der Schlacht von 1476 geschuldeten Besonderheit Murtens ist die Zweisprachigkeit der Bewohner, 83 % sprechen Deutsch und 15 % Französisch. Es kommt vor, dass bei einer Unterhaltung, von Murtener Einwohnern jeder in seiner bevorzugten Sprache redet. Verständigungsprobleme gibt es aber nicht.

Nach dem Bummel durch Murten setzen wir mit dem Schiff über den See ans andere Ufer nach Praz. Die jedes Jahr im September veranstaltete „Route Gourmande du Vully“ ist ein kulinarisches Erlebnis, bei dem ausschließlich regionale Spezialitäten einheimischer Erzeuger angeboten werden. Ein 3,5 km langer Erlebnis- und Genussweg durch die Weinberge am Mont Vully lädt zum Degustieren der Produkte ein. Die Verkostungsstationen bieten edle Tropfen der kleinsten Schweizer Weinregion und kulinarische Leckerbissen an. Aber Achtung, die Verführung ist groß, leicht unterschätzen die Teilnehmer die Wirkung der klein ausschauenden Gläser.

Was aber wäre eine Westschweiz-Reise ohne Käse-Verkostung der berühmten Sorten die hier hergestellt werden. Der nächste Tag führt uns nach Charmey. Dort fahren wir mit der Seilbahn auf ca. 1300 Meter Höhe zur Fromagerie der Familie Piller in Vounetse. Wir erleben wie der köstliche Gruyère nach alter Tradition, und nur mit Handarbeit, aus der frischen Milch der Alpkühe hergestellt wird. Drei Generationen der Familie Piller stehen um den großen mit Milch gefüllten Kupferkessel über einem lodernden Feuer. Abwechselnd wird probiert wann die richtige Konsistenz erreicht ist um den Käse abzuseihen und in die bereit gestellten Holzformen zu füllen. In einem Nebenraum lagern die Käselaibe mit unterschiedlichen Reifegraden.

Selbstverständlich gibt es zum Abschluss große Portionen vom Gruyère und Vacherin zum Verkosten. Ein Paradies für Käseliebhaber, einfach nur köstlich.

Alles Handarbeit in der Alpkäserei Piller
Alles Handarbeit in der Alpkäserei Piller

Nach dem Käsegenuss fahren wir in die Stadt Gruyères, die dem Käse ihren Namen gab. Die kleinen, alten Häuser, z.T. aus dem Mittelalter, wirken wie eine Puppenstube. Es würde nicht wundern wenn die Einwohner in Garderobe damaliger Zeit gekleidet wären. Über allem thront das Schloss Gruyères, umgeben von den Freiburger Voralpen. Ein majestätischer Anblick. Die Besichtigung ist ein Spaziergang durch acht Jahrhunderte Geschichte, Architektur und Kultur. Auch hier wurde Schweizer Geschichte geschrieben. Wechselnde Besitzer der im 11. Jahrhundert erbauten Anlage haben wertvolle Zeugen ihrer Zeit hinterlassen. So findet man hier die Rauchmäntel der Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies Karl des Kühnen und viele Bilder der im Jahr 1849, von der Familie Bovy gegründeten Künstlerkolonie, die berühmt waren für den Troubadour-Stil und natürlich für rauschende Orgien. Ein Familienmitglied wurde beauftragt die Münze der Schweizer Franken zu entwerfen. Der Entwurf wurde akzeptiert und ist bis heute gültig.

Wahrzeichen von Gruyères, das Schloss, erbaut im 13. Jahrhundert
Wahrzeichen von Gruyères, das Schloss, erbaut im 13. Jahrhundert

Im Anschluss kann man das direkt vor dem Aufgang zum Schloss liegende H R Giger Museum besichtigen. Giger war ein Schweizer Künstler der durch seine skurrilen Werke bekannt geworden ist. Im Museum befindet sich die größte Werksammlung von HR Giger und umfasst Bilder, Skulpturen, Möbel und Filmkulissen. HR Giger nimmt Sie mit auf eine Reise zwischen Realität und Fiktion, Vergangenheit und Zukunft. Auch die HR Giger-Bar, gleich gegenüber dem Museum, ist einen Besuch wert. Hier kann man zwischen Skeletten und Totenköpfen an einem Drink nippen. Nichts für Feinfühlige.

Im Zentrum des Ortes ist die kleine Galerie „Le Calvaire“ in der Künstler aktuelle Werke ausstellen. Während unseres Besuchs stellte Marguerite Brunner ihre neuesten Werke zu dem Thema „Dialog mit der Seele“ aus.

Tagsüber tummeln sich reichlich Touristen in dem kleinen Städtchen. Die vielen Restaurants sind gut besucht, kein Wunder, denn in allen wird das berühmte Fondue moitié-moitié (bestehend aus 50 % Gruyère- und 50 % Vacherin-Käse) angeboten. Im wahrsten Sinne des Wortes ein Genuss zum Dahinschmelzen!

Gruyères eignet sich sehr gut als Ausgangspunkt für die vielen anderen Highlights dieser herrlichen Naturlandschaft. Bei einer geführten Kräuterwanderung erfährt man nicht nur viel über die Heilwirkung dieser Pflanzen, nein die meisten Kräuter sind auch essbar, wie uns Kräuterfee Marlyse Rauber erklärt. Einiges wird gleich mitgenommen und nach der Wanderung bei einem kleinen Kochkurs verarbeitet. Zum Beispiel kommt die Brennnessel ins Risotto und in das Sauerampferblatt wird Käse gewickelt und kurz angebraten. Aus vielen verschiedenen Blüten stellen wir einen Brotaufstrich her. Sieht nicht nur sehr appetitlich aus, es schmeckt auch
köstlich.

Zum Dahinschmelzen Käsefondue im Restaurant Le Chalet
Zum Dahinschmelzen Käsefondue im Restaurant Le Chalet
Kräuterfee Marlyse Rauber
Kräuterfee Marlyse Rauber
Lecker: Brotaufstrich mit essbaren Blüten
Lecker: Brotaufstrich mit essbaren Blüten

Aber was wäre ein Besuch der Region Fribourg ohne auf den Gipfel des 2002 m hohen Moléson zu fahren und die fantastische Aussicht über weite Teile der Alpen, den Mont Blanc und den Jura zu genießen.

Nicht nur Schweizer Käse ist weltweit bekannt und beliebt, das Gleiche gilt natürlich auch für die Herstellung von Schokolade. Zum Abschluss dieser Tour unternehmen wir noch einen Abstecher nach Broc zur bekannten Schweizer Schokoladenfabrik Cailler. Eine kleine Führung durch das Museum Callier über die Anfänge der Schoki-Herstellung bis zur Perfektion in der heutigen Zeit zieht selbst die jüngsten Besucher in ihren Bann. Der anschließenden Verkostung kann niemand widerstehen. Sie ist Höhepunkt des Besuchs.

Museum Callier
Museum Callier

Die Westschweiz mit der Region und dem Kanton Fribourg oder Freiburg – je nach Sprachbevorzugung – lohnt einen Besuch für Genießer, Geschichtsinteressierte, Kulturliebhaber, Weinkenner oder solche die es werden möchten und natürlich Naturbewusste die schöne Landschaften lieben.

Fahren Sie hin, Sie werden begeistert sein.

Fotos: Gour-med

Infos:
www.fribourgregion.ch
www.regionmurtensee.ch
www.la-gruyere.ch
www.gruyereshotels.ch
www.chateau-gruyeres.ch
www.hrgigamuseum.com
Restaurant Chalet de Gruyères
www.chaletgruyeres.ch
www.cailler.ch

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