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Von der Disco zum Sternerestaurant

Daniel Raub im Landhaus Biewald

durch Klaus Lenser

Gour-med

Das „Landhaus Biewald“ im historischen Ortskern des kleinen Örtchens Friedland nahe Göttingen ist seit den 1960er-Jahren bekannt für gehobene Küche eines Dorfgasthauses.

Friedland, vielen Menschen geläufig als erste Station für Kriegsgefangene (Heimkehrer) und als Auffanglager für DDR-Flüchtlinge. Noch heute werden hier Asylantragsteller vorläufig untergebracht.


Inzwischen ist Friedland für Genießer und Gourmets ein Treffpunkt, den man nicht auslassen darf. Nach aufregenden, bewegenden Jahren wird das Landhaus Biewald heute in 3. Generation von Sternekoch Daniel Raub und seiner Mutter Karin geführt. Schon der Großvater, Gründer des Gasthofes, war bestrebt, sich von den üblichen Angeboten der Dorf-gastronomie zu unterscheiden. Statt Bier und Korn serviert man Wein und in der Speisenkarte findet man ausgewählte Gerichte wie Froschschenkel die man in einer Dorfschenke nicht erwartet.
Dem Zeitgeist folgend wird Ende der 1960 er Jahre neben der Gaststätte in einer umgebauten Scheune eine der beliebtesten Diskotheken in der Region, die Django Bar eröffnet. Stargäste wie Marianne Rosenberg, Boney M. etc. reichen sich die Mikrofone weiter und garantieren ein volles Haus.

Daniel Raub, auf den verdienten zweiten Stern hoffend?
Daniel Raub, auf den verdienten zweiten Stern hoffend?
Immer für die Gäste da, Patronin Karin Raub
Immer für die Gäste da, Patronin Karin Raub

So wie die Zeiten ändern sich auch die Interessen der Gäste und unterliegen einem ständigen Wandel. Eine Chance darüber nachzudenken, wie die Zukunft wirtschaftlich und den eigenen Ansprüchen entsprechend gestaltet werden soll. Jetzt war Küchenchef Daniel Raub gefragt, der gemeinsam mit seiner Mutter vor 11 Jahren die Verantwortung für das Landhaus Biewald übernimmt und schon früh bewiesen hat, dass er ein Koch mit herausfordernden Ansprüchen ist. Nach einem Praktikum im Relais & Chateaux Hotel Hohenhaus entscheidet er sich für den Kochberuf. Den Rat der Eltern weiter die Schule zu besuchen, folgt er nicht. Die Entscheidung steht. Mit 16 Jahren beginnt er die Kochausbildung bei Sternekoch Achim Schwekendiek im Hotel Hohenhaus. Wie viele seiner Generation muss er nach der Berufsausbildung zur Bundeswehr. Hat aber das Glück, dank seiner Kochausbildung, nach Bonn ins Repräsentationscasino versetzt zu werden. Noch heute schwärmt Daniel Raub von dieser Zeit, in der er für prominente Gäste aus der ganzen Welt Menus nach seinen Vorstellungen zubereiten darf. Zu den Berühmtheiten für die er kocht, gehören u. a. Rudolf Scharping und der jetzt pensionierte General Kujat. Seine Dienstvorgesetzten sind begeistert von seinen anspruchsvollen Gerichten und vertrauen auch auf seine organisatorischen Qualitäten, Budgetverwaltung und Produkteinkauf.

Nach der Bundeswehrzeit ist 3-Sternekoch Dieter Müller im Schlosshotel Lerbach die nächste Station. Hier kann er sein Können weiterentwickeln und ausbauen. Das exklusive Hotel Königshof in Bonn engagiert Daniel Raub als stellvertretenden Küchenchef. Mit 23 Jahren eine verantwortungsvolle Position. Während dieser Periode legt er nebenbei seine Prüfung zum Küchenmeister ab.

Modern und komfortabel, die Zimmer im Landhaus Biewald
Modern und komfortabel, die Zimmer im Landhaus Biewald

Nicht nur heute auch damals sind junge Köche mit Visionen und frischen Ideen gesuchte Experten. So ist es nicht ungewöhnlich, dass mehrere Angebote mit großen Herausforderungen ihn in die weite Welt locken. Aber der Wunsch seiner Eltern, nach Hause zu kommen und dem elterlichen Betrieb neuen „Schwung“ zu verleihen kann er dann nicht ausschlagen. 2007 übernimmt Daniel Raub das Restaurant von seinen Eltern. Nach den üblichen Umstellungshindernissen startet er mit seiner Mutter Karin ein neues Konzept. Neben der gutbürgerlichen „Tränke“ wird ein Gourmet-Restaurant eingerichtet. Ziel von Beginn an ist es, in der „Genießer Stube“ einen Stern zu erkochen.

Das Konzept, gespickt mit innovativen, teils filigranen Gerichten, geht auf. Bereits 2014 verleiht der Guide Michelin der „Genießer Stube“ den 1. Stern. Bis heute verteidigt der Küchenchef die Anerkennung und ist Mitglied in der Top Liga Deutschlands.

Die Idee zum Lunch ein Tassen-Menu – 4 Gänge in 5 Tassen – zu servieren, wird von den Gästen sehr gut angenommen. Auch weil es neugierig macht, welche Kreationen – in der Tasse serviert – möglich sind.

Zwei Beispiele aus dem Tassenmenu

Der Kochstil von Daniel Raub ist klassisch-französisch mit harmonischen Kombinationen und diversen aromatischen Einflüssen.

Als Menu-Start serviert er verschiedene Amuse Bouche, heute ein Calamaretti mit mediterranem Gemüse und einen Hummer in Tempurateig mit Mayo-Curry-Creme. Das 6-gängige Menu – das Menu ist nach Wunsch auf 8 Gänge erweiterbar – startet mit einer Jakobsmuschel auf Blutwurst mit Apfel. Schon hier wird deutlich das klassisches, die Blutwurst, mit modernen Elementen, der Jacobsmuschel, eine bevorzugte Variante von Daniel Raub ist. Die Kreation ist eine angenehme Verschmelzung von Fisch und Wurst. Die hohe Schule des Kochens zeigt Daniel Raub mit dem Skrei-Gang. Der junge Winterkabeljau mit einem Auberginen-Schafskäse-Baumkuchen ist auf den Punkt gegart. Die saftige Textur erfährt eine geschmackliche Aufwertung durch den Tomatenjus. Das zur Neutralisierung gedachte Sorbet, Wodka, aromatisiert mit Distelöl, passt zur Innovationsfreude des Küchenchefs. Eine anfängliche Skepsis weicht schnell der Begeisterung über diesen Aromenmix. Der folgende Gang, Hahn mit Gänseleber wird auf Empfehlung von Mathis Ahlers, begleitet von einem Amarone Valpolicella, eine wirklich gelungene Kombination. Eine Überraschung ist das Praedessert, ein mit Mokka Eis gefülltes Kosakenzipfelchen in Miniausführung. An diese Geschmacksexplosion im Mund erinnerten wie uns immer noch gerne.

Skrei-Filet mit Auberginen-Schafskäse-Baumkuchen
Skrei-Filet mit Auberginen-Schafskäse-Baumkuchen

Der Ehrgeiz von Daniel Raub fordert ihn immer wieder neu heraus. Grundbedingungen für seine Sterneküche sind bedingungslose Qualität, absolute Frische und Produktherkunft. Für ihn und sein Team bedeutet es, das Neue nutzen, das Traditionelle wahren. Wie ernst er das nimmt, beweisen zwei Signaturgerichte. Eine Menu-Karte ohne Reh und Hummer ist für ihn undenkbar. Ganz im Sinne seines Credos: „Meine Genussküche basiert auf Natürlichem in bester Qualität und Zubereitung. Echter Genuss entsteht wo sich die Dinge gegenseitig tragen und so fast wie von selbst zu etwas Unverwechselbarem werden. Erleben Sie das Fachwerk in der Architektur meiner Küche.“

Für die Desserts ist Inka Passing mitverantwortlich. Die studierte Umweltingenieurin hat sich nach Abschluss ihres Studiums dazu entschlossen, eine Kochlehre bei Daniel Raub zu absolvieren. Im Sommer ist die Ausbildung beendet. Vor der Prüfung hat sie keine Angst, denn sie hat sich schon mit dem Gewinn der Kreismeisterschaft der Göttinger Köche erste Lorbeeren und Respekt, aber auch Akzeptanz verdient. Wir drücken die Daumen.

Der junge, sehr engagierte Service unter der Leitung von Mathis Ahlers in der „Genießer Stube“ bedient mit Leidenschaft und Begeisterung. Bietet Hilfe bei der Menu- und Weinauswahl und trägt mit guter Laune zum Genuss bei.

Mit kulinarischer Expertise, das Team und der Sternechef (v. l.) Daniel Raub, Mathis Ahlers, Inka Passing, Anne Raub und Dimitri Fuchs
Mit kulinarischer Expertise, das Team und der Sternechef (v. l.) Daniel Raub, Mathis Ahlers, Inka Passing, Anne Raub und Dimitri Fuchs

Die gastronomischen Ansprüche ändern sich und die Erwartungen steigen. Um deren Wünschen gerecht zu werden, renoviert und restauriert man die Restaurants. Die „Genießer Stube“ wird erweitert und im alten Hausteil mit dem typisch regionalen, gemütlichen Ambiente gestaltet. 2019 wird ein Hotelneubau mit modernen hellen 19 Zimmern eröffnet. Alle sind komfortabel und mit großer Sorgfalt im Detail ausgestattet. Die persönliche Note von Karin Raub, der Patronin, spiegelt sich geschmackvoll wider. Im Neubau wird als Pendant zum Fine Dining-Angebot eine Gaststätte mit Namen „Zur Tränke“ eingerichtet. Küchenchef ist der frühere Sous Chef von Daniel Raub, Dimitri Fuchs. Ehefrau Anne Raub ist verantwortlich für die Leitung und den Service. Die Tränke verwöhnt mit regionalen und internationalen Speisen. Saisonale Gerichte stehen im Fokus, im Winter zum Beispiel Gans, Ente, Wild und verschiedene Kohlgerichte. Hier erleben Rezepte aus „Omas Küche“ eine Renaissance.

Die Baumaßnahmen waren Anlass, eine längst fällige unverkennbare Identifikation, sprich ein Logo für das Landhaus Biewald zu schaffen. Das neue Logo, zwei Papageien mit Weintrauben im Schnabel, ist eine Reminiszenz an den Großvater des Küchenchefs, der diese Papageien bei der Restauraierung eines alten Schrankes vor vielen Jahren freilegte. Aus Freude an dieser Entdeckung hebt er diese Intarsie optisch besonders hervor. Chapeau. Eine solche ehrenvolle Erinnerung an seine Altvorderen ist nicht zu übertreffen.

Das Landhaus Biewald ist für Festlichkeiten wie Hochzeiten, Geburtstage oder Firmenevents ein kompetenter Partner, oder wie man heute sagt: weit über den kleinen Ort hinaus ist es eine empfehlenswerte Location.

Für Hotelgäste beginnt der Tag mit einem umfangreichen Frühstück. Hier wird der Gast herzlich von Patronin Karin Raub umsorgt. So wie es in einem gut geführten Familienbetrieb erwartet wird.

Friedland in der Nähe von Göttingen ist mehr als ein kleines Dorf und Zufluchtsstätte für verfolgte Menschen, es ist ein Treffpunkt für Gourmets, Connaisseure und Freunde guter Gastlichkeit.

Fotos: Gour-med, Landhaus Biewald

Info:
Landhaus Biewald
Weghausstr. 20
37133 Friedland
Tel: 05504-93500
Fax: 05504-935940
E-Mail: kontakt@landhaus-biewald.de
www.landhaus-biewald.de

Rezept von Daniel Raub