Dorfurlaub in den Tälern mit den typischen Schwarzwaldhöfen inmitten einer von Wald umgebenen Kulturlandschaft bietet alles, was das Herz eines Naturliebhabers, Wanderers und Genießer guter Küche in Deutschlands größtem und bekanntestem Mittelgebirge begehrt.
Nur das Knirschen der Stollenprofile der Wanderschuhe auf dem Wanderweg und ab und an genießt man die Klangwelt des schnatternden Buchfinken, der ein mechanisches Schwirren abgibt, durchdringt den friedlich und immergrünen Wald. Und dann ist es mit den Gesängen vorbei und man tritt aus dem duftenden, schattenspendenden Wald heraus und steht urplötzlich auf der Anhöhe des reizvollen Kirchbachtals, einem nach Süden abzweigenden Seitental des Kinzigtals. Das Prachtexemplar eines uralten Schwarzwaldhauses fällt sofort ins Auge. Es ist der vorbildlich restaurierte Ritterhof von 1590. „Dieser Hof,“ so schwärmt Landwirt Franz Bruder – der gerade von seinem Feld kommt – „zählt heute zu den malerischsten historischen Bauernhäusern des gesamten mittleren Schwarzwaldes“, und macht sich auf den Weg zu seinem Hof, der gleich unterhalb des denkmalgeschützten Schwarzwaldhofes steht.
Unten im Kinzigtal in Wolfach-Halbmeil, wo die Kinzig rauscht und einst Flößer ihre Baumstämme bis zum Rhein manövrierten, hat Annerose Schmieder viel über die Natur am Wegesrand zu erzählen. Da bleibt die ausgebildete Kräuterpädagogin beim üppig verbreiteten indischen Springkraut stehen, was die Schmetterlinge lieben und zeigt auf die Samen, die im Salat nussig schmecken. Oder der Blutweiderich mit seinen Bitterstoffen, der angewendet bei Wunden einen Blutstillstand bewirkt. Nach vielen weiteren Pflanzen erklärt sie zum Schluss, dass die Brennnessel eines ihrer Lieblingspflanzen sei, da sie einen sehr hohen Chlorophyllgehalt aufweist und somit viel gespeichertes Sonnenlicht aufgenommen hat. „Die frischen Blätter im Frühling und die Brennnesselfrüchte im Herbst“, erzählt sie mit einem Lächeln, „sind für die Menschen das Viagra der Natur“. Nur ein paar Schritte sind es zum idyllisch an
der Kinzig gelegenen wunderschönen Restaurant Löwen. Hier wird der Salat mit den gesammelten Wildkräutern, karamellisiertem Ziegenkäse und Lachsforellenfilet serviert. Es folgt eine gegrillte Maispoulardenbrust, Brennnesselrisotto, frische Pfifferlinge und knackiges Sommergemüse. Der Nachtisch besteht aus Gundermann-Honig-Parfait, süßem Pesto, Bitterschokoladen-Mousse und marinierten Beerenfrüchten.
Was wäre der Schwarzwald ohne den weltbekannten Bollenhut. Fälschlicherweise findet man ihn nicht nur im gesamten Schwarzwald auf allen Fotos und Plakaten, in Wirtshäusern oder in Geschäften, sondern weltweit. Dabei hat jede Region im Schwarzwald ihre eigene Tracht. Der Bollenhut jedoch ist einmalig und wird nur im Kinzigtal in Wolfach-Kirnbach, Hornberg-Reichenbach und Gutach bei Festlichkeiten von der Konfirmation bis zur Hochzeit getragen. Martha Leitl und Liv Wolber aus Kirnbach sind mit ihrer Tracht gerade auf dem Weg zu ihrem Trachtenverein „Kurrende“. Die beiden erzählen, dass die ledigen Frauen einen Hut mit roten Bollen und verheiratete Frauen dagegen einen schwarzen Bollenhut tragen. Liv Wolber, die gerade ihre Abiturprüfung sehr erfolgreich bestanden hat, erzählt, dass sie ihre Tracht zur Konfirmation bekommen hat und Martha Leitl ist stolz darauf, dass sie ihre Tracht vererbt bekommen hat
Auf der Wanderung einen Tag später auf dem Premiumweg und Schwarzwälder Genießerpfad „Harmersbacher Vesper weg“ vorbei an gepflegten Weilern, durch dichte Wälder und immergrüne Wiesen wird hoch über dem Ort Oberharmersbach eine kleine Vesperpause auf einer 180 Jahre alten, 35 Meter langen Weißtanne eingelegt. Markus Schwarz hat mit seinen Freunden innerhalb von drei Tagen mehrere Sitzgelegenheiten zum Picknicken in den siebzig Zentimeter starken Baumstamm mit Axt und Säge eingearbeitet. Weiter laden entlang des Weges zahlreiche Vesperstuben und Höfe dazu ein, regionale Spezialitäten wie Schwarzwälder Schinken, Brot und Käse zu genießen. Der Wanderabend endet in „Hasegallis Besenwirtschaft“ auf der Terrasse mit einer großen Auswahl an selbstgebackenem Flammkuchen.
An diesem sonnigen Vormittag heißt es am „Obstbrennerweg“ auf dem hoch über Nordrach thronenden „Haas Hof“ zum Frühstück Eier selber suchen und Brot backen mit Bäcker Andreas Scholl. Bäuerin Antonia Haas – die noch vor drei Jahren 50 von 100 Hühnern durch einen Fuchs in seinem Blutrausch verloren hat – zaubert ein wohlschmeckendes Frühstück auf ihrer Terrasse. Ihre selbstkreierten fruchtigen Liköre sind mit einheimischen Früchten und selbstgebranntem Alkohol angesetzt und ihre Schnäpse vom anfallenden Streuobst sind vom Feinsten. Wie auch bei weiteren Stopps zum Beispiel auf dem Heidenbühl-Hof auf dem Themenweg. Hier begleitet die auf „alt getrimmte“ Michaela Neuberger als lustige Bäuerin „Zetzel“ mit vielen Anekdoten – wie zum Beispiel einst die Menschen an Hexen geglaubt haben – die Gruppe.
Im Schokoladenparadies im „s‘ Blaue Hus“ präsentiert Egbert Laifer in seinem hauseigenen Schokoladen- und Praliné-Reich, der Manufaktur „Choco L“ in Nordrach, auch leckere Schwarzwälder Kirschtorte, die natürlich im Schwarzwald nicht fehlen darf. Später am Abend ist das Rumpsteak mit Kräuterbutter und Wildkräutersalat hoch über Nordrach im über 300 Jahre alten „Vogt auf Mühlstein“ der Hit.
Am letzten Urlaubstag gestaltet sich hoch über Nordrach auf der anderen Bergseite der Besuch eines Pflanzenreiches voller Poesie und Düfte das „The Moosbach Garden“ zu einer Sensation für Gartenfreunde. David Austin hat mit seinem englischen Mann Andrew Thomas einen wunderschönen Garten ganz nach dem Motto „English Cottage Garden meets Schwarzwälder Bauerngarten“ mit einer Vielzahl von Stauden, Sträuchern, Bäumen und über 600 englischen Duftrosen innerhalb von fünf Jahren geschaffen.
Dabei laden zwölf unterschiedliche Gartenbereiche und Räume zum Flanieren, Erkunden und Picknicken ein.
So ist Dorfurlaub hier für alle Besucher, die noch echtes authentisches Landleben mit Einheimischen – sei es Gastwirt, Produzent oder Künstler – suchen, ein echtes Erlebnis.
Während die Sonne langsam untergeht und durch den Blätterwald blinzelt, genießt man die Klangwelt – bevor es nach Hause geht – bei der letzten Wanderung durch den friedlichen und immergrünen scheinenden Wald zurück ins Dorf den schmachtenden Ruf der Nachtigall, das Rufen des Kuckucks und das Zilp und Zalp des Zilpzalp.
Fotos: Gerd Krauskopf
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