Gour-med
Wer wo auch immer in Spanien Urlaub macht, kann sicher sein, dass schönes Wetter, gute regionale Küche und Entspannung am Pool oder Meer garantiert ist. Viele der ehemals attraktiven Destinationen wurden Opfer des Massentourismus und gerieten schnell in Verruf Treffpunkt für laute Partys und Trinkgelage zu sein. Erst in den letzten Jahren mit einem anderen, sensibleren Umweltbewusstsein und höheren Ansprüchen ändern sich die Wünsche und Bedürfnisse der Touristen. Die Suche nach Ruhe, Erholung, Kultur und gediegenen kulinarischen Spezialitäten wird erste Priorität und immer häufiger zum Kriterium der Urlaubsbuchung. Das ist die Stunde vieler noch touristisch wenig entdeckter Regionen wie dem Priorat und Penedès etwas südöstlich von Barcelona nahe der Costa Dorada (Daurada).
Der Priorat mit einer wild zerklüfteten, traumhaften Landschaft und dem Weinanbaugebiet des gleichnamigen berühmten Rotweins entwickelt sich kontinuierlich zu einem beliebten Reiseziel. Hier sind Aktivurlaube wie Mountainbiken oder Klettern und Genussreisen ebenso im Angebot wie kulturelle Abwechslung, die den Urlaub zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lassen.
Der Küstenort Altafulla in der Provinz Tarragona ist ein beliebtes Fischerdorf, dass einen sehr hübsch restaurierten historischen Ortskern hat. Eine der wichtigsten Sehenswürdigkeit ist die über allem thronende mittelalterliche Burg neben der sich das Hotel Gran Claustre mit einem kleinen Wellness – und Poolbereich befindet. Die Zimmer des Hotels verteilen sich auf zwei Gebäude, eins davon aus dem 18. Jh. und sind alle unterschiedlich gestaltet. Im Restaurant des Hotels „Bruixes de Burriac“ bringt der französische Küchenchef Philippe Leblay Bourdon mit seinem aus Peru stammenden Souschef Salvador Ribes Martinez eine geschmackvolle einheimische Küche auf den Tisch.
Unser nächstes Ziel ist Reus. Ende des 19. Jahrhunderts war die Stadt bekannt für ihren Handel mit Wein, Spirituosen und Trockenfrüchten. Antoni Gaudí – der den Bau der Sagrada Familia in Barcelona ermöglichte – wurde am 25. Juni 1852 in Reus geboren und verbrachte hier seine ersten Lebensjahre, bevor er 1868 nach Barcelona zog. Gaudí selbst ist als Architekt in Reus nie tätig geworden. Trotzdem gibt es ca. 80 Gebäude, die im Stil des katalanischen Modernismus erbaut wurden. Einige davon liegen an der Ruta del Modernisme. Bester Ausgangspunkt für einen Rundgang durch das Zentrum von Reus ist der zentrale Platz, die Plaça del Mercadal. Hier befinden sich zwei Hauptattraktionen der Stadt: das Gaudí Centre und Casa Navàs. Das moderne, unserer Meinung nach nicht sehr gelungene Ausstellungsgebäude Gaudí Centre widmet sich ausführlich dem Werk des berühmtesten Sohnes der Stadt. Modelle und Fotos stellen die Arbeitsweise des Architekten dar. Die Casa Navàs ist das Flaggschiff der modernistischen Architektur in Reus. Das Gebäude wurde von Lluís Domènech i Montaner entworfen, einem weiteren bekannten Exponenten des Modernismus in Katalonien. Im Untergeschoss befanden sich Geschäftsräume. In den oberen Stockwerken ist die Wohnung eines Industriellen, der in der Textilindustrie sein Geld machte. Die prächtig ausgestatteten Wohnräume können während einer Führung besichtigt werden. Da kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Mit allem technischen Luxus den es Ende des 19. Jh. gab, sind hier die Räume ausgestattet. Mosaiken, Glasarbeiten (Tiffany), Verzierungen und Ornamente schmücken das gesamte Haus z.T. sehr farbenfroh.
Zu empfehlen ist ein Besuch bei dem berühmten Wermuthersteller Rofes. Die ehemaligen Fabrikräume werden als Restaurant und Eventlocation genutzt. Im Restaurant werden lokale Gerichte serviert, die aus alten Rezepten nachgekocht werden. Natürlich trinkt man hier Wermut, der auf Eis als Aperitif gereicht wird. Nicht nur in Spanien ist Wermut wieder sehr IN.
Von Reus erreicht man in ca. 40 min. Cornudella de Montsant im Priorat und weiter über eine 7 km lange Serpentinenstraße in das in ca. 800 m Höhe gelegene Dorf Siurana. 25 Einwohner sollen in dieser abgelegenen Idylle leben. Die Landschaft ist so atemberaubend schön, dass der Wunsch entsteht, hier zu bleiben. Besuchern bietet sich ein unglaublicher Ausblick auf ein grandioses Panorama in das darunter liegende Tal mit dem Flüsschen Siurana und auf fantastische bizarre Felsformationen, die – noch – ein Geheimtipp bei Kletterern und Bergsteigern sind. So eine exponierte Lage wie die des Dorfes Siurana diente einst zu Verteidigungszwecken. Christliche Eroberer versuchten das Land den Mauren abzuringen, was zur Folge hatte, dass diese sich in immer entlegenere, gut zu verteidigende Orte zurückziehen mussten. Es half nichts, schließlich wurde Siurana 1153 als Letztes der maurischen Taifas des heutigen Kataloniens von den Truppen Ramon Berenguars IV. eingenommen. Heute ist es ein friedlicher Ort und die spektakulären Sonnenuntergänge ziehen Touristen aus aller Welt an. Der Name Siurana steht unter anderem für ein begehrtes Olivenöl mit geschützter Herkunftsbezeichnung.
Siurana befindet sich im Priorat mit einem unvergleichlichen Angebot an „Priorat“ Weinen. Gleich zwei Herkunftsbezeichnungen, nämlich D.O. Priorat und D.O. Montsant, sind geschützt. So mineralisch und vielfältig wie die Böden, so vorzüglich sind die Bedingungen für den Weinanbau. Den Wein genießen wir am Abend im Restaurant des kleinen, aber feinen Hotels „Palauet de Priorat“. Die nette, freundliche Besitzerin Dolors ist eine perfekte Gastgeberin. Ihr Wunsch ist es, dass die Gäste sich wie zu Hause fühlen. Dieses Gefühl stellt sich schnell ein auch wegen der hübschen, individuell eingerichteten Zimmer.
Gut gestärkt – nach dem tollen Frühstück im Hotel – geht es weiter zur Cartoixa de Santa Maria d’Escaladei, eine ehemalige Kartause aus dem 12. Jahrhundert. Das Priorat der Klosteranlage ist der Ursprung der Comarca und des Weinbaugebiets Priorat. Während unseres Besuches war nur ein Teil der Anlage zu besichtigen da sie seit einiger Zeit mit EU-Mitteln restauriert wird. Bis es so weit ist werden noch einige Jahre vergehen, das macht einen Rundgang aber nicht weniger interessant.
Gespannt sind wir auf unser Treffen mit dem Besitzer der Kellerei Burgos Porta, Salvador Burgos in der Nähe von Poboleda. Nach einer abenteuerlichen Geländefahrt landen wir mitten in den Weinbergen der Kellerei. Gerade werden die letzten Trauben gelesen, alles per Hand versteht sich. Die Hanglagen dort sind mit den Steillagen der Mosel vergleichbar und lassen eine Maschinenernte nicht zu. Die von Salvador und Ehefrau Conxita stolz präsentierten Weine entsprechen der Qualität wie man sie in der Region erwartet und voraussetzt.
Auf dem Weg nach Tarragona empfiehlt sich das auf einer Anhöhe gelegene Restaurant Amics der Bodega Buil Giné für einen Halt. Das Menu, bei strahlendem Sonnenschein auf der Terrasse serviert und mit Blick auf die Weinberge, zu genießen, lohnt den Stopp.
In der Provinzhauptstadt Tarragona ist die römische Geschichte allgegenwärtig. Die Ruinen von Tarraco zählen zum UNESCO-Weltkulturerbe. Das Tarraco der Römer war Hauptstadt der Provinz Hispania citerior, also des östlichen Teils der iberischen Halbinsel. Tarragona hat alles, was eine römische Provinzhauptstadt so auszeichnete. Dazu gehören die Stadtmauern, Amphitheater, Zirkus und Forum. Tarragona zählt zu den wichtigsten Zeugnissen römischer Geschichte in Spanien. Die Mauren haben wenig Spuren hinterlassen, dafür ist das Mittelalter präsent. Schmuckstück der Altstadt ist die Kathedrale Santa María aus dem 12. Jh. Außerhalb der Altstadt präsentiert sich Tarragona als moderne Industrie- und Hafenstadt, die mit römischen Ruinen durchsetzt ist. Die Hauptstraße Rambla Nova, Geschäfts- und Bummelmeile liegt schon außerhalb des mittelalterlichen Kerns. Auf der Rambla gibt es einige Statuen zu bewundern, u. a. auch die „Menschenpyramide“ (Castellers). Vom Balcó de Mediterrani (Balkon des Mittelmeers) am Ende der Rambla Nova geht der Blick von Hafenanlagen bis hin zum Amphitheater. Unbedingt das Geländer berühren, das bringt Glück, sagt die Legende. Die Plaça de la Font mit dem Rathaus ist einer der meistbesuchten Plätze der Stadt. Kaum überraschend, denn hier gibt es jede Menge Bars und Restaurants, die auf Gäste warten. Bei der Restaurantwahl sollte man sorgfältig hinschauen, nicht immer wird die versprochene Leistung serviert.
Den bekannten Urlaubsort Salou erreicht man von Tarragona in ein paar Minuten. Dort sollten Besucher unbedingt ein Treffen mit David Edo und Jordi Rom vom Nautic Parc Salou vereinbaren. Bei einer Bootstour sind die kleinen Badebuchten und den vor ein paar Jahren neu angelegten „Cami de Ronda (ein Wanderweg entlang der Küste) gut zu erleben. Jordi nimmt Sie auch gerne auf verschiedene Angeltouren mit. Leider sieht man von hier aus die alten Bausünden (Hotelhochhäuser) aus den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts. So nach und nach wird man sich der vergangenen (Bau-) Sünden bewusst und ist um eine neue Gestaltung bemüht. Aber immer noch gehört Salou mit seiner modernen und breiten Strandpromenade und dem großen Angebot an – guten bis sehr guten – Restaurants, Boutiquen und sportlichen Aktivitäten zu den beliebtesten Orten bei den Badetouristen.
Im Bistro Cook and Travel werden wir vom jungen Küchen- und Serviceteam mit einigen innovativen Köstlichkeiten überrascht. Hier geht es ganz locker und leger zu, die Gerichte sind zum Teilen gedacht, sodass man viel testen kann. Wir empfehlen: Unbedingt ausprobieren!
Ein paar Kilometer weiter südlich liegt Cambrils. Das ehemals kleine Fischerdörfchen mit dem neun Kilometer langen Sandstrand ist ideal für Familien mit Kindern. Im Fischereihafen wird es jeden Nachmittag gegen 17 Uhr sehr quirlig. Wenn die kleinen Boote mit dem Tagesfang einlaufen, gibt es Fisch aller Variationen, wie er frischer nicht sein kann. Der „Vertrieb“ ist etwas umständlich, denn es ist nicht erlaubt, den Fang vom Boot zu kaufen. Der wird direkt neben der Anlegestelle im Hafengebäude auf der täglich stattfindenden Auktion an die meistbietenden Händler, Gastronomen und Fischgeschäfte verkauft. Schade, aber in den vielen Restaurants kann man ihn dann ganz frisch zubereitet genießen. Dank der vielen ausgezeichneten regionalen Produkte und der Kreativität der Köche ist Cambrils der kulinarische Hotspot der Costa Daurada. In dem kleinen Fischerdörfchen gibt es tatsächlich zwei Restaurants, die mit einem Michelin Stern ausgezeichnet sind.
Im Can Bosch, eines der Sterne-Restaurants, genießen die Gäste, wie kreativ, innovativ und ideenreich aus den Meeresprodukten filigrane Gourmet-Menus serviert werden. Das familiengeführte Restaurant pflegt seit der Eröffnung im Jahre 1982 die traditionelle regionale Küche und interpretiert viele Gerichte neu. Schon 1984 erhält das Can Bosch seinen ersten Michelin Stern und hat ihn bis heute gehalten. Seit 2012 ist mit Arnau Bosch die dritte Generation für die Küche zuständig. Das Motto aber hat sich nicht verändert, es gilt immer noch: das Meer auf dem Teller. Der junge Küchenchef Arnau Bosch kümmert sich selber um den Einkauf und kennt ganz genau seine Lieferanten, eine bessere Garantie für erstklassige Produkte als die eigene Kontrolle gibt es für ihn nicht.
Am Ende dieser Rundreise-Tipps sollte Sie der Weg noch mal weg von der Küste ins Penedès führen. Das Zisterzienserkloster Santes Creus in der Nähe der Stadt Aiguamurcia gehört zu den schönsten Klöstern der Region. Im 12. Jh. gegründet ist es seit ca. 160 Jahren nicht mehr bewohnt und seit 1921 Nationaldenkmal. Die Hauptattraktion des Klosters ist der gotische Kreuzgang mit seinen sehr fantasievollen Kapiteln. Von besonderer Bedeutung ist auch das Dormitorium mit 48,5 Metern Länge und zehn Metern Breite. Elf steinerne Schwibbogen tragen das offene Satteldach. Die Zinnen gekrönte Fassade der Kirche ist romanisch (11. Jh.) und weist ein spektakuläres gotisches Fenster auf. Es hat die Form eines lateinischen Kreuzes mit drei Schiffen und fünf Kapellen. Der Kreuzgang ist gotisch und wurde 1313 von Jaume II. errichtet. In den Boden des Kapitalsaals sind die Gräber mehrerer Äbte des Klosters eingelassen.
Wer nach der Besichtigung eine Kleinigkeit essen möchte, sollte in das kleine Örtchen Valls fahren und im Restaurant Portal 22 einkehren. Die Möglichkeit die vielen unterschiedlichen köstlichen Speisen zu teilen ist ein Erlebnis das man unbedingt nutzen sollte.
Das Weingut Cellers Agvstvs Forvm liegt ganz in der Nähe in El Vendrell. Marko Moritz führt uns durch die Anlage, in der jährlich ca. 100 000 Flaschen Wein abgefüllt werden. Aber nicht nur Wein wird hier produziert, man hat sich auf die Herstellung von hochwertigem Essig spezialisiert. Davon füllt das Weingut oder sollte man „Essiggut“ sagen 300 000 Flaschen im Jahr ab. In den vielen Essigfässern befinden sich so ausgefallene Sorten wie der zitronig-apflig schmeckende Chardonnay Essig. Sehenswert ist auch das alte Steinhaus inmitten der Weingärten, 25-34 Jahre alte Essigsorten werden hier gelagert. Das 1990 gegründete Weingut ist seit 2016 ökologisch zertifiziert.
Ein Übernachtungs-Tipp ist die Casa „Mas Llagostera“ in der Nähe des Ortes La Bisbal del Penedès. Die Familie Bundó bietet ein Gästehaus mit sechs Schlafzimmern, Küche, Wohnraum, geräumigem Innenhof mit Außenküche sowie einem kleinen Pool zur Komplettvermietung an. Für eine größere Familie oder einen Freundeskreis ein idealer Ort, um unabhängig aber mit allem Komfort die Ferienzeit zu verbringen.
Eine Reise in das südliche Katalonien mit den Regionen Costa Daurada, Priorat und Penedès ist wegen der unterschiedlichen Landschaften und den vielen kulturellen und gastronomischen Highlights ein ganz besonderes Erlebnis, an das man sich lange erinnern wird.
Hasta la vista en Catalunya
Fotos: Gour-med
Info:
www.katalonien-tourismus.de
www.granclaustre.com
www.gaudicentre.cat/en
www.casanavas.cat/en
www.turismesiurana.org
www.turismepriorat.org
www.elpalauetdelpriorat.com
www.tarragonaturisme.cat
www.nauticparc.com
www.restaurantamics.com
www.canbosch.com
www.portal22.cat
www.massinen.com (Celler Burgos Porta)
www.avgvstvsforvm.com (Cellers Avgvstvs Forvm)
www.masllagostera.com